Expertenanhörung im Landtag

Klimawandel: So schlimm steht es um den Wald in Bayern

24.10.2021, 18:49 Uhr
Obwohl sich der Zustand der Wälder in Bayern verbessert hat, schreiben die Bayerischen Staatsforsten rote Zahlen.

© Angelika Warmuth, dpa Obwohl sich der Zustand der Wälder in Bayern verbessert hat, schreiben die Bayerischen Staatsforsten rote Zahlen.

Bayern besteht zu einem Drittel aus Wald. Insgesamt 805.000 Hektar, eine Fläche 43-mal so groß wie Nürnberg, gehört dem Freistaat. Bewirtschaftet wird dieser von den Bayerischen Staatsforsten, durch Holzvermarktung soll sich die Anstalt des öffentlichen Rechts selbst finanzieren. Seit zwei Jahren funktioniert das nicht mehr, Umwelteinflüsse und Marktschwankungen haben das Unternehmen in die roten Zahlen gebracht. Das beschäftigt nun auch den Bayerischen Landtag, der verschiedene Experten aus der Forstwirtschaft zu einer Anhörung geladen hat.

Die Krise der Staatsforsten begann im Jahr 2019: Der Borkenkäfer wütete in den Wäldern und sorgte für Schadholz. Am Markt führte das zu einem Überangebot, die Folge waren sinkende Preise. Das hatte Einfluss auf die Staatsforsten, es entstand ein operativer Verlust von 36,2 Millionen Euro. Im Frühjahr dieses Jahres zeigte sich ein gegenteiliger Trend: Es war kühl und nass, die Bäume wuchsen und die Preise schossen in die Höhe. Trotzdem stand am Ende des Geschäftsjahres in der Bilanz der Staatsforsten ein Minus. Zwar prognostiziert der Vorstandsvorsitzende Martin Neumeyer für kommendes Jahr eine Rückkehr in die Gewinnzone, allerdings nur im operativen Geschäft. Durch den Holzverkauf soll wieder ausreichend Geld verdient werden, allerdings könnten andere Positionen in der Bilanz zu einem negativen Gesamtergebnis führen. Der Grund: Die hohen Rückstellungen für Pensionszahlungen.

Zu viele Beamte

Die Pensionslasten sind ein Erbe aus alten Zeiten vor der Forstreform im Jahr 2004. Damals wurde der Waldbestand zur Bewirtschaftung den Bayerischen Staatsforsten übergeben, vorher musste sich der bayerische Staat selbst um den Wald kümmern und dafür zahlen. Mit dem Wald gingen auch 65 Prozent der Forstbeamte in den Bestand der Staatsforsten über und mit ihnen kamen hohe Pensionslasten, für die Geld zurückgelegt werden muss. Derzeit sind es annähernd 40 Millionen Euro pro Jahr, diese Last schmälert das Jahresergebnis. Momentan sind es laut Vorstand Reinhardt Neft noch 400 Beamte, die restlichen Mitarbeiter seien angestellt. Vor allem die Anzahl der Forstwirte nahm in den letzten Jahren deutlich ab.

Es kommen weitere Belastungen auf die Staatsforsten zu. "Die Geschwindigkeit, mit der sich die Auswirkungen des Klimawandels gezeigt haben, hat selbst uns Försterinnen und Förster überrascht“, erklärt Neft. Die Extremwetterlagen und Dürrephasen der letzten Jahre haben sich bereits gezeigt. Ein Beispiel: Auf dem Markt bringt Fichtenholz derzeit am meisten ein. Positiv ist, mit 43 Prozent ist die Fichte auch die häufigste Baumart im Staatswald. Ihr Nachteil: Sie hat ein flaches Wurzelwerk, braucht deshalb häufig Niederschlag und ist bei Sturm schlecht geschützt. Das Hauptproblem der Fichte ist aber der Borkenkäfer. Sobald die Fichte krankt, folgt ein Chaos auf dem Holzmarkt.

Vielfältige Aufgaben

Da der Holzmarkt weiter unbeständig bleiben wird, brauchen die Staatsforsten ein Zukunftskonzept. Es stehen außerdem weitere Aufgaben an, die Kosten verursachen. Um den Wald nachhaltig zu bewirtschaften, müssen neue Baumarten gepflanzt werden. Außerdem wächst die Bedeutung des Waldes als CO2-Regulator, Heimat für aussterbende Tier- und Pflanzenarten und Erholungsort für den Menschen. Die Kosten summieren sich, die Einnahmen bleiben unsicher. Als Eigentümer des Waldes hat der Freistaat deshalb eine Expertenrunde einberufen. Vertreter der Staatsforsten, Privatwaldbesitzer, ein Professor und Umweltverbände kamen zu Wort. Alle sind sich einig: Die Staatsforsten brauchen mehr Geld und es dürfen keine weiteren Mitarbeiter entlassen werden.

Bernhard Breitsameter, Privatwaldbesitzer und Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Aichach, plädiert sogar für mehr Personal. Es seien derzeit mehr Menschen in den Wäldern unterwegs, man brauche mehr Förster, die Aufklärungsarbeit leisten. Diese Idee begrüßt Alois Keller von der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Viele Förster seien derzeit frustriert, wegen Personalmangel müssen sie immer größere Flächen bewirtschaften. Deshalb würden sie oft zu spät kommen, um Kulturen zu retten.

Woher das Geld für die Staatsforsten kommen soll, ist für Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern klar: Der Staat soll zahlen. Mit Haushaltsmitteln könne man die Abhängigkeit vom Holzmarkt lösen und die Leistungen des Waldes für das Gemeinwohl beziffern. Auch Professor Thomas Knoke von der Ludwig-Maximilian-Universität in München betont, dass man zwischen Wert und Preis des Waldes unterscheiden müsse. Der Wert des Waldes werde nicht von der Marktwirtschaft bestimmt, sondern durch seine ökologischen Funktionen.

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