Alles so seltsam still hier: Die Musikhochschule bleibt zu

4.5.2020, 16:53 Uhr
Alles so seltsam still hier: Die Musikhochschule bleibt zu

© Foto: Xuesu Liu/PR

Die Studenten freuen sich nicht. "Die, die gerade gar nicht üben können, sind sehr verzweifelt," sagt Christoph Adt. Ein Musik-Studium ist anspruchsvoll, die Konkurrenz ist groß. Auf diesem Niveau kann sich keiner erlauben, wochenlang nicht zu proben. Mehr als ein Drittel der 400 Studenten kommt aus dem Ausland. Manche waren in den Semesterferien zuhause und sitzen jetzt dort fest – einige sogar ohne Instrument.

Doch auch wer hiergeblieben ist, hat Probleme. Ein Flügel, eine Harfe oder ein Schlagzeug passen nicht in eine kleine Studentenbude. Eine Trompete zwar schon, aber die Musiker üben oft sechs Stunden am Tag, das machen die Nachbarn nicht lange mit. "Die sind ja zurzeit auch mehr zu Hause als sonst." Und müssen dort arbeiten. Adt hat den Studenten empfohlen, um Verständnis zu bitten und Probezeiten zu vereinbaren, die nicht mit der wichtigen Telefonkonferenz oder dem Mittagsschlaf der Kinder zusammenfallen. "Im Moment ist nicht abzusehen, wann wir wieder in die Hochschule dürfen."

Auch den Präsidenten nimmt das mit: "Äußerlich habe ich die ganze Zeit gearbeitet, aber innerlich war ich in einer Art Schockstarre", erzählt er. "Es war anfangs einfach unfassbar, eine Zeit zu erleben, in der das Musizieren miteinander nicht möglich ist – also das, was unser Leben ausmacht."

 

Auch Nebenjobs fallen weg

 

Für Musiker ist die Situation besonders schwierig. Sie verdienen ihr Geld mit Konzerten und Unterricht, einige Studenten jobben nebenbei in der Gastronomie – all das ist derzeit nicht möglich. "Weltweit sind so gut wie alle Tourneen bis Ende des Jahres abgesagt", erzählt Adt. Das trifft vor allem die Lehrbeauftragten, die als freiberufliche Musiker tätig sind. "Dann ist der Lehrauftrag das Einzige, was bleibt."

Für Studierende in existenzieller Not hat die Hochschule einen Spendenaufruf gestartet. In der ersten Woche sind bereits 9000 Euro zusammengekommen. "Das ist sehr ermutigend", sagt Adt. Er denkt, dass etwa 5000 Euro pro Monat nötig sein werden, um all denen zu helfen, denen es wirklich schlecht geht. Je nachdem, wie lange die Lage so bleibt.

Das Semester hätte vor fünf Wochen starten sollen. Seitdem arbeiten Professoren und Lehrbeauftragte daran, auch online unterrichten zu können. "Alle haben sich richtig reingekniet, der Aufwand ist groß, denn bei uns geht es ja sonst eher analog zu", sagt der Präsident. "Gerade im künstlerischen Bereich führt die gleichzeitige Anwesenheit in einem Raum sonst zu tiefen und bewegenden Begegnungen." Adt ist Dirigent. Er sagt, wenn er vor dem Orchester steht, spürt er das Publikum im Rücken. "Ob die Menschen positiv dabei sind oder verärgert oder gelangweilt oder fasziniert, das nehme ich wahr, dadurch entsteht eine besondere Atmosphäre im Raum."

So lange das nicht geht, müssen sie nach Alternativen suchen. Die Kammermusiker besprechen in Videokonferenzen, wie sie klingen wollen. Auch Theorieunterricht und Musikwissenschaft sind digital machbar. Andere Dozenten lassen sich Videoaufnahmen vom Spiel ihrer Studenten schicken.

"Das ist sehr anspruchsvoll, sie müssen sich selbst so zuhören, wie es sonst ihr Lehrer tun würde und es erst abschicken, wenn sie mit sich zufrieden sind", erklärt Adt. "Das ist etwas, was wir durchaus auch in Zukunft zusätzlich beibehalten könnten." Für Stellen in einem Orchester und bei internationalen Wettbewerben werden oft zunächst Videos eingereicht. Es ist also auch eine gute Übung für die Praxis.

Die Hochschule muss nun auch überlegen wie sie die Aufnahmeprüfungen in diesem Jahr gestaltet. Eine Live-Videokonferenz wäre denkbar oder eine Verschiebung von Ende Mai auf Juli oder sogar September, wenn Anwesenheit hoffentlich wieder möglich ist. "Das muss rechtlich passen und auch gerecht sein", sagt der Präsident.

Dagegen werden Kammermusik oder Orchesterproben mit vielen Musikern auf engem Raum wohl noch länger nicht stattfinden können. "Da müssen Quadratmeterfragen und Personenzahlen geklärt sein", sagt Adt. "Wir bereiten gerade intensiv verschiedene Wiedereinstiegsszenarien vor." Wenn das Gesundheitsamt zustimmt, ist vielleicht als erstes wieder Einzelunterricht mit genügend Abstand erlaubt.

Bis dahin hofft der Präsident, dass "wir keine Studentin und keinen Studenten verlieren" und wirklich alle ihr Studium und damit ihre Berufsausbildung gut abschließen können. "Wir arbeiten ununterbrochen daran, für jeden eine gute Lösung hinzubekommen", sagt Adt. "Wir lechzen danach, wieder vor Publikum spielen zu dürfen."

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