Atomfreies Dichtertreffen

28.6.2011, 00:00 Uhr
Atomfreies  Dichtertreffen

© Harald Sippel

Auch dieses Jahr unterstützt Areva das Poetenfest, das vom 25. bis 28. August stattfindet, mit 15000 Euro. Insgesamt kostet das renommierte Literaturfestival 130000 Euro. Wegen ihres relativ kleinen Kulturetats ist die Stadt Erlangen als Veranstalter auf Sponsoren angewiesen. Wiederholt stand das Poetenfest aus finanziellen Gründen zur Diskussion, im vergangenen Jahr konnte die Veranstaltung erst nach massiven Protesten gerettet werden.

Die Bürgerinitiative entstand im Umfeld der Ärzte-Organisation IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges). Ihr Sprecher, der Nürnberger Mediziner Stefan Kolb, erklärt: „Wir wenden uns gegen Sponsoring als Image-Aufbereitungsanlage einer von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnten Technologie. Angesprochen sind nicht nur Literaturfreunde, sondern alle, die gegen Atomkraft ein Zeichen setzen wollen.“

Durch Spenden von Privatpersonen sollen mindestens 15000 Euro zusammenkommen. Wenn die Summe erreicht ist, will die Bürgerinitiative im Herbst der Stadt Erlangen anbieten, Areva als Hauptsponsor abzulösen. Die Initiatoren sind zuversichtlich, dass dieses Ziel erreicht wird, denn bereits innerhalb weniger Tage sind 2150 Euro an Spenden eingegangen.

Prominente Unterstützer

Auch prominente Schriftsteller aus der Region unterstützen die Aktion „Poesie ohne Uranstaub“ auf deren Homepage. Der Spardorfer Dialektdichter Helmut Haberkamm sagt: „Ich finde das Anliegen unterstützenswert und ehrenvoll.“ Sein Nürnberger Kollege Fitzgerald Kusz meint: „Die Kultur darf sich nicht in Abhängigkeit von Firmen begeben, die Kultur nur deshalb fördern, um damit ihr schlechtes Image aufzuwerten.“ Und der Liedermacher Wolfgang Buck ergänzt: „Jetzt müssen wir aber auch die Trikot-Werbung vom Club übernehmen.“

Der Leiter des Erlanger Poetenfests, Bodo Birk, ist gespannt auf die Reaktion der Politiker auf diese Bürgerinitiative – besonders angesichts der quer durch die Parteien laufenden Atomdiskussion. Der Erlanger Kulturreferent Dieter Rossmeissl (SPD) erwartet eine interessante Diskussion über Kultursponsoring. „Wir schätzen Areva als verlässlichen Partner. Ich persönlich halte nichts von Atomkraft, weiß aber sehr wohl die 3000 Areva-Arbeitsplätze in Erlangen zu schätzen. Das heißt, ich schätze die Produzenten, nicht das Produkt.“

Heikles Thema

Rossmeissl will heute den Erlanger Oberbürgermeister informieren und offensiv mit dem heiklen Thema umgehen: „Wir werden das Thema nicht unter den Teppich kehren und uns nicht einkaufen lassen. Beim Poetenfest im August sind zwei öffentliche Veranstaltungen über das Kultursponsoring der Atomindustrie geplant.“ Der Kulturreferent hofft, dass genügend Zeit für eine fruchtbare Diskussion mit allen Beteiligten bleibt. „Klugerweise will die Initiative erst nächstes Jahr Areva als Sponsor ablösen.“

Die Menschen sind sensibilisiert. Erst im April hatte sich in Hamburg Widerstand gegen die „Vattenfall-Lesetage“ formiert. Nobelpreisträger Günter Grass und Popsängerin Nina Hagen demonstrierten sogar vor dem abgeschalteten Kraftwerk in Krümmel gegen Atomenergie und die Energiepolitik von Vattenfall. Jenem Konzern, der seit Jahren ein Literaturfestival in der Hansestadt organisiert.

Die Debatte in der Szene ist entfacht: Viele kämpfen gegen die Vereinnahmung der Literatur durch die Atomindustrie, andere fürchten politische Agitation auf Kosten der Literatur

Weitere Informationen unter: www.erlanger-poetenfest-atomfrei.de

 

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