Aufstieg von der kuriosen Tischplatte zum Meisterwerk

14.12.2006, 00:00 Uhr
Aufstieg von der kuriosen Tischplatte zum Meisterwerk

Vor zwei Jahren sorgte das Bild aus dem Germanischen Nationalmuseum für Schlagzeilen. Neueste Forschungen hatten bewiesen: Die bislang als Tischplatte deklarierte bemalte Tafel, die der Werkstatt Altdorfers zugeschrieben wurde, stammt von der Hand des Meisters selbst.

Das auf 1518 datierte Bild zeigt die Schlacht Karls des Großen gegen die Awaren in Regensburg. Wie die Legende berichtet, kam dem Kaiser nach erfolglosem Kampf am dritten Tag ein Engel zu Hilfe, der das christliche Heer zum Sieg führte. Die Regensburger Schlacht Karls des Großen war ein beliebtes Motiv der Herrscherdarstellung. Die Tafel ist aber weit mehr als eine Herrscherallegorie: Sie illustriert die Gründungslegende des Regensburger Schottenstifts Weih St. Peter. Dessen Überleben war seit 1514 bedroht, da der Regensburger Bischof den Klostersitz zu kassieren versuchte. Schottische Geistliche konnten dies mit Unterstützung des Papstes verhindern. Die Tafel entstand just zum Zeitpunkt der päpstlichen Einsetzung eines neuen Abts. Sie wurde damit zum Dokument eines erfolgreichen Kampfes um den Erhalt des durch Karl den Großen gegründeten Klosters.

Ins GNM kam die Tafel 1971 — als «Teil eines repräsentativen Möbelstücks“. Sie wurde deshalb als Tischplatte ausgestellt und fand bestenfalls als Kuriosität Resonanz — heute hängt sie bei den «Meisterwerken“. Das Gemälde besticht durch seine skizzenhafte Malerei, wobei Altdorfer zur Erzielung luftiger Elemente wie Helmbüschel auch seine Finger einsetzte. Das Bild vermittelt einen anschaulichen Eindruck der Massenschlachten des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts, die zu gnadenlosem Chaos führten. Die Nürnberger Tafel wird damit zum entscheidenden Wegbereiter von Altdorfers weltberühmtem Gemälde der Alexanderschlacht von 1529 (Alte Pinakothek, München), die den Kampf von Massenheeren zu einer kosmischen Vision erhebt. nn

Gewonnen bei der Verlosung haben: Karola Scholler, Julia Urban, Gerrit Glupe, Chulpan Zakirova, Michael Schwarz. Sie erhalten den Band «Faszination Meisterwerk“.