Neues Kabarettprogramm

Beim "fränkischen Konsonantenschänder" Erwin Pelzig

20.6.2021, 16:51 Uhr
Beim

© Harald Sippel, NN

Satire an einem Sommerabend: Das neue Programm von Frank-Markus Barwasser heißt „Der wunde Punkt“ – und er meint damit den Menschen. Keine Krone der Schöpfung eben, eher ein Herrscher mit Zacken ab. „Wir Menschen zerstören, was uns erhält.“ Corona? „Ein Virus zerstört den Zerstörer.“

Wann hat man Barwasser in seiner Rolle als Kunstfigur Erwin Pelzig politisch in derart schneidender Schärfe erlebt? Hinterm Main geht sein Horizont längst weiter. Über den fränkischen Bratwursttellerrand spachtelt sich der Würzburger Wortwerker trefflich hinaus.
Dass Diktaturen einfach schnellere Ergebnisse erzielen als Demokratien, heißt es da zum Thema Meinungsfreiheit: Wenn in China einer widerspricht „gehen zwei Nieren in den Export“. Überhaupt die Welt! Ein Mann müsse jeden Morgen eine Kröte schlucken, damit nichts Schlimmeres passiere, zitierte Pelzig eine Überlieferung aus dem 18. Jahrhundert. Und er selbst, als Bund-Naturschutz-Mitglied, aber auch „Naschkätzle“? Beim derzeitigen Zustand unseres Planeten müsse er wohl dann „einen ganzen Froschteich“ schlucken.

So stand da beim Kulturpalast-Festival im Wolfgangshof in Anwanden auf der Innenhof-Bühne ein Kabarettist, der äußerlich unverändert erschien mit dem läppischen Herrentäschchen, Hut, Trachtenjanker und Turnschuhen. Und doch hat sich was bewegt. Als Mensch sei er durchaus entbehrlich, habe er im Corona-Aus festgestellt, als Künstler nicht systemrelevant, sprach da ein Herr Barwasser, der seinem Namen auch insofern alle Ehre machte, als er während des Auftritts ausschließlich Wasser trank. Und das, obwohl ein Glas Rotwein und ein Weißbier auf dem Holztisch hinter ihm zu sehen waren.

Die Gläser jedoch blieben für seine anderen beiden Kunstfiguren aufgespart: Wein für den akademisch schlaumeiernden „Dr. Göbel“ und Bier für dessen geistiges Gegenüber (oder Gegenunter), den „Hartmut“. Ja, in der Eckkneipe von nebenan spricht die Stimme des Volkes halt noch fränkisch. Dazu passt ein Albert-Einstein-Zitat, das Barwasser neben vielen anderen einspielen lässt: „Wenn der Mensch nur über das sprechen würde, was er begreift, würde es sehr still.“

Unter Blutsverwandten

Zum aktuellen Jahr der Bundestagswahl sprach Pelzig von „paarungswilligen Grünen“ (Koalitionen), sendete aber auch Grüße an die „Fridays for Future“-Bewegten: „Die glauben noch an die Demokratie, denen müssen wir dankbar sein.“
Psychologisch tiefsinnig wurde Pelzig in seinen Gedanken über Verletzungen in der Kindheit, die meist nicht folgenlos blieben: „Gegen Beleidigungen kann man sich wehren. Gegen Kränkungen nicht.“

Nächstes Thema: „Rassisten“. Wieso Rassismus, wo es doch gar keine Rassen gebe, jeder Mensch „ist mit dem anderen blutsverwandt“. Leider auch mit Alexander Gauland ...

Ein weiterer Höhepunkt der starken Show war mitzuerleben, als Barwasser sich von seiner Technikerin beschimpfen ließ, da er ausschließlich Männer zitiere: „Du eiertanzender fränkischer Konsonantenschänder“. So geht Selbstironie.

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