"Bombshell": Sexueller Missbrauch beim US-Sender Fox

13.2.2020, 12:45 Uhr

© Foto: Wild Bunch

Enge kurze Kleider, perfektes Make up, die Frisuren vorzugsweise blond – das ist der ungeschriebene Dresscode beim Nachrichtensender Fox News. Als die Moderatorin und ehemalige Miss America Gretchen Carlson (Nicole Kidman) ihn einmal demonstrativ missachtet und sich am internationalen Mädchentag ungeschminkt vor die Kamera setzt, herrscht TV-Boss Roger Ailes (John Lithgow) sie nach der Sendung wütend an: "Keiner will eine Frau mittleren Alters sehen, die sich durch die Menopause schwitzt." Nachdem Carlson sich auch noch (im Sinne des Senders) politisch unkorrekt geäußert hat, wird sie gefeuert – und zieht "in den Krieg", wie ihre Anwältin die angestrebte Klage umschreibt.

"Bombshell – Das Ende des Schweigens" von US-Regisseur Jack Roach beruht auf tatsächlichen Ereignissen und realen Personen und ist der erste Hollywood-Film, der sich in Folge der #MeToo-Debatte explizit mit sexueller Belästigung befasst. Dabei führen Roach und Drehbuchautor Charles Randolph in eine Medienwelt, die in ihrem offenen Sexismus und ihrer Widersprüchlichkeit kaum zu fassen ist.

Eigentlich unglaublich ist die wahre Geschichte aus dem Jahr 2016 schon, weil die zwei Hauptfiguren Gretchen Carlson und Megyn Kelly (Charlize Theron) überaus starke Frauen sind. Beide sind Akademikerinnen und Stars bei Fox News. Als Kelly in ihrer Show den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump mit seinem entwürdigenden Frauenbild konfrontiert, zollt ihr Ailes Respekt: "Das war gutes Fernsehen. Ich bin stolz auf dich." Als Kelly jedoch den Shitstorm der Trump-Fangemeinde erlebt und Morddrohungen erhält, verweigert ihr der TV-Boss den Rückhalt. Die öffentliche Erregung, die Kellys Angriff ausgelöst hat, ist für ihn ein Quotenbringer.

Es gibt noch eine Szene, die schmerzhafteste, die die brutalen machistischen Strukturen des Senders bloßlegt. Fox News sei ein visuelles Medium, erklärt Ailes der jungen Produktionsassistentin Kayla (Margot Robbie als einzige fiktive Opferfigur), die sich um einen Job vor der Kamera bewirbt. Er fordert sie hinter den verschlossenen Türen seines Büros auf, ihr Kleid höher zu ziehen – und noch ein bisschen höher. Wie sich im Gesicht der Frau Ungläubigkeit, Scham und Demütigung spiegeln, während Ailes sich an ihrem Anblick ergötzt, ist kaum zu ertragen.

Kayla ist im Film nur das jüngste Opfer des mächtigen Fox-Mannes, der nach Belieben übergriffig wurde, der auch Carlson, Kelly und viele weitere Frauen sexuell missbrauchte. Doch obwohl jeder weiß, auch seine Sekretärin und seine Ehefrau, was in seinem Büros passiert, solidarisieren sich die Frauen nicht. Vielmehr formulieren sie ihr Credo, keine Feministin zu sein, wie ein Bekenntnis zu dem reaktionären Sender des Rupert-Murdoch-Imperiums. Erst Carlson gelingt es schließlich, die Mauer des Schweigens aufzubrechen.

"Bombshell" ist ein absolut packend erzählter Medienthriller, dessen brillante Dialoge an offene Wunden rühren. Die drei Hauptdarstellerinnen sind Spitzenklasse, auch John Lithgow spielt den zwielichtigen TV- Boss zwischen vorgeblicher Väterlichkeit und skrupellosem Machtmissbrauch großartig. Was leider zu kurz kommt, ist die politische Brisanz von Fox News, inzwischen der erklärte Lieblingssender von Donald Trump. (108 Min.)

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