Bund plant neues Kulturschutzgesetz

4.5.2015, 14:44 Uhr
Bund plant neues Kulturschutzgesetz

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Das forderte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Montag bei der Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes in Essen. Die Provenienzrecherche dürfe sich nicht nur auf die Suche nach NS-Raubkunst beschränken, sondern müsse auch die Objekte einbeziehen, die in Kolonialzeiten in Sammlungen gelangten.

Angesichts der Forderungen von Völkern, die vor der Kolonialisierung in bestimmten Gebieten lebten, „stehen wir da wissenschaftlich noch ziemlich am Anfang der Diskussion“, sagte Grütters. Kein Museum könne sich heute „Ignoranz gegenüber der moralischen und ethischen Dimension der Beschaffungspraktiken“ der Museen leisten.

Für die Zukunft will die Bundesregierung mit einem neuen Kulturschutzgesetz illegalen Handel mit Kulturgütern eindämmen. Auch die Museen müssten sich darauf verlassen können, dass erworbene Objekte nicht gestohlen oder illegal ausgeführt worden seien, sagte Grütters. Raubgrabungen und illegaler Handel gehörten neben Drogen- und Waffenhandel „zu den schlimmsten Formen“ der weltweiten Kriminalität.

Deutschland habe sich bei gesetzlichen Regelungen zum Schutz von Kulturgut „nicht gerade als Pionier hervorgetan“, sagte Grütters. Die Regelungen zur Einfuhr seien „bisher eher lax“ gewesen. „Wer in Zukunft Antiken nach Deutschland einführt, braucht für jedes Stück eine gültige Ausfuhrerlaubnis des jeweiligen Herkunftslandes.“ Auch deutsches nationales Kulturgut und öffentliche Sammlungen sollen laut Grütters vor Abwanderung geschützt werden. „Wir denken natürlich auch darüber nach, die Museumssammmlungen kollektiv unter Schutz zu stellen“, sagte die Ministerin. Dann müssten die Länder nicht mehr für jedes Stück einzeln Eintragungen vornehmen.

Weitere Anstrengungen forderte Grütters bei der rückhaltlosen Aufarbeitung des Nazi-Kunstraubs aus jüdischem Besitz. Seit 2008 seien in 89 Museen, 27 Bibliotheken sowie Instituten und Archiven fast 113 000 museale Objekte und mehr als 785 000 Bücher auf ihre Herkunft geprüft worden. Anders als große Häuser könnten aber kleine Museen aus Personal- und Geldmangel keine Stellen für Provenienzforschung einrichten. Sie sollten sich mit großen Häusern vernetzen, sagte Grütters.

Die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, verwies darauf, dass auch der Nazi-Kunstraub aus Privatbesitz von Widerstandskämpfern, von Sinti und Roma oder Homosexuellen bislang nahezu unerforscht sei.

Auch der geheime Kunsthandel der ehemaligen DDR müsse aufgearbeitet werden, sagte Pfeiffer-Poensgen. Zahlreiche private Sammler in der DDE seien einst unrechtmäßig enteignet und ihre Kunstwerke ins westliche Ausland verkauft worden. Viele westdeutsche Museen und Bibliotheken hätten in der Zeit „große Bestände aus der DDR angekauft“, sagte Pfeiffer-Poensgen. „Ich rede hier nicht über Restitution, aber über Aufarbeitung.“ Rund 400 Museums-Vertreter diskutieren bis Mittwoch in Essen über die Aspekte der Provenienzforschung. dpa

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