Carla Bruni ist zurück am Arbeitsplatz

2.4.2013, 07:00 Uhr
Carla Bruni ist zurück am Arbeitsplatz

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Die nicht mehr ganz so junge Mutter ist anderthalb Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes – Tochter Guilia kam im Oktober 2011 zur Welt – wieder zurück am Arbeitsplatz. Eigentlich ja keine so wahnsinnig explosive Nachricht, würde es sich bei der Mutter nicht um Carla Bruni-Sarkozy handeln, die (obschon von Hause aus Italienerin) vielleicht schillerndste und medial am stärksten beachtete Frau ganz Frankreichs.

Carlas Chansons kommen immer noch eher sanft und unbeschwert daher, die vorab veröffentlichte Single „Chez Keith et Anita“ erfreut mit flotter Finesse. Auch von Country ließ sie sich wieder beeinflussen („Mon Raymond“), sie singt zumeist in französischer, mal in englischer („Little French Song“), immer wieder auch in italienischer Sprache.

Brunis Stimme ist fülliger, nuancenreicher geworden mit den Jahren. Sie flüstert nicht mehr so sehr. Ihre Songs, so schön und lieblich sie nach wie vor klingen, sind insgesamt nicht mehr ganz so schwerelos und hingehaucht wie noch zu Beginn ihrer Gesangskarriere 2002, als sie von ihrem Debütalbum „Quelqu’un m’a dit“ glatt zwei Millionen Stück verkaufen konnte. Bruni wurde damals, ähnlich wie die fast zeitgleich berühmt gewordene Norah Jones, zur Konsensmusikerin des leicht gehobenen Geschmacks.

Verliebt ins Rollenspiel

In den Folgejahren hielt das Leben für Carla Bruni die eine oder andere Überraschung bereit, doch als sie unlängst bei der „Echo“-Verleihungszeremonie in Berlin ihr Lied „Mon Raymond“ vorsang, da schien sie endlich wieder zurück: Die verträumte, charmante Sängerin und Gitarristin von früher.

Bruni reizt eben nach wie vor die Fantasie der Menschen. Es scheint, als liebe sie das Rollenspiel, auch das Stiften von Verwirrung. „Ich bin, was die Leute in mir sehen wollen“, sagte sie jüngst dem Spiegel. Bruni ist ein bisschen wie Madonna, bloß mit altersgerechter Kleidung. Sie legt sich nicht fest. Allerdings: Man weiß auch nie, mit welcher Carla Bruni man es gerade zu tun hat. Oder: Welche Carla Bruni denn nun die Echte ist. Eventuell weiß sie es selbst nicht.

Was hat die Schöne nicht schon alles für Hüte aufgehabt? Tochter aus bestem Turiner Industriellenhause. Supermodel. Sängerin und Songschreiberin. Immer erfolgreich, immer begehrt, immer auf der Sonnenseite. Die Männer, natürlich, sie spielen verrückt in ihrer Gegenwart. Und Carla mag Männer gern. Mick Jagger, Kevin Costner, Eric Clapton, die Liste ihre Amouren ist lang. Sie verlässt den Philosophen Jean-Paul Enthoven für dessen Sohn, Raphael. 2001 bekommt sie mit Raphael einen Sohn, Aurelién. 2007 trennt sie sich von ihm. Danach kommt sie mit dem kurz zuvor zum Staatspräsidenten gewählten Nicolas Sarkozy zusammen, nach wenigen Monaten schon heiratet das Paar. Sarkozy verglich das Kennenlernen mit einem Blitzschlag, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen.

Carla zieht zu Nic in den Elysée-Palast, sie lernt interessante Menschen wie die Königin von England oder den Präsidenten der Vereinigten Staaten kennen. Nur die Musikkarriere darbt. Bruni hat kaum noch Zeit für Auftritte, und in ihrer neuen Rolle als Première Dame darf sie nicht mehr so frech und freimütig über alles plaudern, was ihr in den Sinn kommt.

Den Ausbruch aus dem goldenen Käfig besorgt im Frühjahr 2012 dann der französische Wähler. So beliebt das Paar im Ausland ist, so wenig Akzeptanz findet es bei den Franzosen. Bruni gilt bei nicht wenigen als abgehobene Schnepfe, und für Bruni-Fans, die tendenziell dem links-intellektuellen Umfeld entstammen, geht dieser Sarkozy einfach gar nicht. Den Karrieren der beiden hat ihre Ehe Schaden zugefügt. Die Presse sagt ihr nach der Geburt der Tochter abwechselnd Kindbettdepressionen oder exzessive schönheitschirurgische Behandlungen nach. Bruni bleibt nach außen ungerührt und bereitet stattdessen ein neues Album vor.

„Little French Songs“ ist keine offen politische Platte. Bruni muss in Frankreich immer noch aufpassen, dass sie nicht aneckt. Bekanntlich hält sich ihr Mann, so er nicht für schuldig befunden wird, einer greisen Milliardärin das Spendengeld aus der Tasche gezogen zu haben, für 2017 die erneute Kandidatur zum Staatspräsidenten offen. Aber sie lästert. Sie raunt, deutet an. Speziell im Stück „Le Pingouin“, das von französischen Medien als Abrechnung mit François Hollande gewertet wird. Jenem Hollande, der ihrem Mann den Job weggenommen hat, und dem sie, falls „Le Pingouin“ von ihm handelt, sowohl fehlenden Anstand als auch fehlendes politisches Geschick vorwirft „Nicht hässlich, nicht schön, nicht kalt, nicht warm, nicht ja, nicht nein“, singt sie.

Die Luft wird elektrisch

Lieber jedoch feiert Carla Bruni in den Texten die Freiheit, die sie früher genoss und heute gegen ein Leben als Mutter und derzeit treue Ehefrau eingetauscht hat. Ohne die neue Heimeligkeit, wie sie wiederholt betont hat, zu bereuen. So ist „Mon Raymond“ ein kaum verklausuliertes Liebeslied für ihren Mann. „Wenn er angestürmt kommt, wird die Luft elektrisch“, heißt es im Text. „Und trägt er auch eine Krawatt’, so ist mein Raymond doch ein Pirat“.

Wahrscheinlich hätten sich viele Beobachter nicht gewundert, wäre Carla Bruni nach der scheppernden Niederlage ihres Gatten im Stile einer Bettina Wulff weitergezogen, aber von wegen. Sie bleibt nicht nur bei ihm, sondern verteidigt ihn ganz aktuell auch energisch gegen die neuen Beschuldigungen. Am Ende liebt Carla ihren Nicolas wohl wirklich, und der jüngste Rollenwechsel wird ihr letzter gewesen sein.

Carla Bruni, „Little French Songs“ (Universal; erscheint am 1. April)

 

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