Das Ding der Woche: Karin Kalisas Roman "Radio Activity"
31.7.2019, 06:06 UhrSympathische Figuren, eine bestechend leichte und doch poetische und präzise Sprache, eine ungewöhnliche Geschichte: Karin Kalisa, die mit ihrem ersten Roman „Sungs Laden“ 2015 gleich einen Bestseller gelandet hat, legt mit „Radio Activity“ eines dieser Bücher vor, die man ungern wieder aus der Hand legt. Sie kann auf unkomplizierter Art komplexe Gefühlslagen einfangen und in Verzweiflung Humor mischen. Ihr Buch ist eine Liebeserklärung nicht nur an die Macht der Sprache, sondern an das noch lange nicht ausgestorbene Medium Radio, das die Hauptfigur Nora, die sich als Moderatorin Holly Gomighty nennt, quasi neu erfindet. Gerade hat sie ihre Mutter an den Krebs verloren. Nun gründet sie mit zwei Freunden einen unabhängigen Sender, der Popkultur mit Klassik und alten Schlagern, Literatur, politischem Engagement und Debatten über die Zukunft mischt. Was man erst nur ahnt, dann weiß: Sie will auch Vergeltung für das, was ein heute 90-jähriger Greis der Mutter als Kind angetan hat und dessen Taten längst verjährt sind.
Es sind viele Themen, die hier zusammengezurrt werden: Eine ganz besondere Mutter-Tochter-Beziehung, ziviler Ungehorsam aus tiefster Überzeugung, dass das Gesetz in diesem Fall ungerecht ist, die viel zu wenig geführte Debatte um die meist mangelnde Aufmerksamkeit, die Verbrechensopfern von der Öffentlichkeit zuteil wird, und ein unerwarteter Läuterungsprozess. Kalisa schildert diese unterschiedlichen Aspekte anrühren – und bleibt doch federleicht in ihrem Erzählfluss. „Radio Activity“ steckt voller Energie und Poesie. Merken!
Karin Kalisa: Radio Activity. Roman, 352 Seiten, C.H.Beck Verlag, München, 22 Euro.
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