Der Endzeit den Spiegel vorhalten

26.2.2019, 08:00 Uhr
Der Endzeit den Spiegel vorhalten

© Böhler und Orendt

Rund 500 kleine menschenähnliche Parasiten machen sich am Wirt zu schaffen, um verschiedene „Rohstoffe“ zu gewinnen. Blut wird abgepumpt, Zähne, Haut und Haare werden abtransportiert. Das fantastische Bild gewinnt dank der detailversessenen Darstellung an makabrer Drastik. In der Nahsicht verwandelt sich der Tierkörper in eine Art Landschaft, deren Schätze im Tagebau geplündert werden. 
Das Künstlerduo Matthias Böhler (geb. 1981) und Christian Orendt (geb. 1980) hat mit dieser Installation eine beeindruckende Metapher für den Raubbau des Menschen an der Natur geschaffen. Eine Spezies, die der Ökonomie und dem Profit alles unterwirft, lässt sich in ihrem Tun nicht von der Tatsache abhalten, dass ihr Wirt wohl eines Tages erwachen oder sterben wird. 
Böhler & Orendt arbeiten an einem erzählerischen Universum, das mit viel Geist und Witz unserer Endzeit den Spiegel vorhält. Der enorme Aufwand, den die beiden Künstler betreiben, um Modelle zu bauen oder raumfüllende Installationen einzurichten, überrascht jedes Mal aufs Neue. Für ihre Ausstellung Encyclothek im Kunsthaus Nürnberg inszenierten sie 2012 in mehreren Räumen das fiktive Museum eines – ebenso wenig realen – japanischen Kunstsammlers. Anlässlich der Ausstellung Gott und die Welt in der Kunsthalle Schweinfurt konstruierten Böhler & Orendt 2015 eine riesige Rakete in Gestalt eines „Beutelratteneichhörnchenadlerbulldoggenkängurus“. Wie auch bei der aktuell im Neuen Museum gezeigten Installation erweist sich das Tier, das über keinen freien Willen verfügt und deshalb nicht böse sein kann, als Gegenentwurf zum Menschen. 
Den höchst aktuellen Denkanstoß, den Böhler & Orendt im Neuen Museum geben, verdankt das Haus dem Engagement von Volker Koch und Elke Antonia Schloter, die sich seit vielen Jahren erfolgreich der Förderung von Kunst und Künstlern verschrieben haben.

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