Der Mensch ist dem Menschen ein Feind

13.2.2009, 00:00 Uhr
Der Mensch ist dem Menschen ein Feind

© Joachim Werner

Hier kocht jeder sein eigenes Süppchen. Köchin Kristin (Christin Balogh) mahlt das Gift für die unartige Hündin ihrer Herrin Julie, die sich - Achtung, Vorausdeutung - mit dem Mops vom Pförtnerhaus eingelassen hat und nun unerwünschten Nachwuchs bekommt. Die drei Schauspieler agieren nicht mit-, sondern nebeneinander, schauen sich erst nach einer Zeit in die Augen. Der eine hat nichts mit dem anderen zu tun, und doch sind sie untrennbar verbunden.

1888 verfasste der schwedische Autor August Strindberg den Einakter, in dem sich Grafentochter Julie (kokett: Ulrike Fischer) mit ihrem Diener Jean (Alexander Grünberg) einlässt, der mit Kristin verbandelt ist. Nun ist Julie entehrt. Viel mehr an harten inhaltlichen Fakten gibt es nicht. Und was soll uns das heute noch sagen, wo Standesdünkel doch total veraltet ist?

Das ist er erstens in einer Welt, in der Arm und Reich immer weiter auseinanderdriften, sicher nicht so sehr wie man denkt. Das wusste schon Strindberg, der im Vorwort zu seinem naturalistischen Trauerspiel schreibt, dass «die Frage nach höher oder niedriger, nach besser oder schlechter, nach Mann und Frau von Interesse war, ist und immer sein wird.» Und zweitens hat Regisseur Barish Karademir gut erkannt, wo er das Stück entschlacken muss, um es auf einen erbitterten Machtkampf zwischen einem Mann und einer Frau zu reduzieren, die nach einer leichtfertig miteinander verbrachten Nacht sprichwörtlich im Wald stehen: Die Bühne zieren dicke Baumstämme.

Zunächst hat Julie die Oberhand, verführt den Knecht, lässt sich in einer unfreiwillig komischen Szene Bier vom Schenkel schlürfen. Der Countdown zum Akt läuft: Kristin als ständig präsente Beobachterin zählt von zehn ab rückwärts. Doch nachdem es passiert ist, dreht Jean den Spieß um. Er behandelt Julie wie Dreck (sie reagiert mit einem zerbrechlichen Song von Sinead O‘Connor: «Ich bin kein Tier im Zoo, du darfst mich nicht so behandeln»), wittert Geld, will sich mit ihr in die Schweiz absetzen und ein Hotel eröffnen.

Gespannt und abgestoßen zugleich blickt man auf die Figuren. Unter ihrer dicken Schicht Egomanie schimmert eine noch dickere Portion Hilflosigkeit. Nur Köchin Kristin, die ihr Scherflein dazu beiträgt, dass es zu keiner Flucht kommt, lächelt listig dazu. Letzten Endes kämpft nicht Mann gegen Frau, sondern Mensch gegen Mensch. SUSANNE HELMER

Weitere Aufführungen: heute, morgen, 18. bis 21. Februar, 20 Uhr, Kartentel. 09 11/2 16-22 98