Der Musikverführer aus Singapur

20.1.2017, 19:49 Uhr
Der Musikverführer aus Singapur

© Foto: Eduart Weigert

Trotz seiner Jugend sei Wong ein sehr erfahrener Dirigent, lobte Herbert Coerper als Erster Vorsitzender des Orchesterträgervereins Fränkisches Landesorchester den Neuen. Und einer, auf den die Musikwelt blickt, seit er Mai 2016 den renommierten Gustav Mahler-Dirigierwettbewerb bei den Bamberger Symphonikern gewonnen hat.

Als „besonders sympathisch“ und „fachlich kompetent“ umreißt Lucius A. Hemmer, Intendant der Symphoniker, die Vorzüge des neuen Chefdirigenten. Und Hemmer kann es kaum glauben, dass es mit Wong letztlich so schnell ging, schließlich übernahm dieser bei der eineinhalbjährigen Dirigentensuche der Symphoniker erst am 16. Oktober 2016 kurzfristig das Dirigat eines Sonntagskonzerts. Er brannte dort mit der fünften Sinfonie von Schostakowitsch „ein Feuerwerk“ ab – zeigt sich Hemmer begeistert.

Orchester wird aufgestockt

Bei Wong selbst hat dieses Konzert ebenfalls großen Eindruck gemacht. Er habe sofort „eine spezielle Energie“ gespürt, sowohl bei den Orchestermusikern als auch beim Publikum. Damit Wong seine künstlerischen Vorstellungen besser verwirklichen kann, werden die Symphoniker um fünf feste Stellen im Bereich der Bläser aufgestockt – eine Maßnahme die sowieso Sinn macht, kann das Orchester mit seinen momentan 56 Vollzeitstellen doch schon seit längerem kein einziges Konzert ohne zusätzliche Unterstützung von Gastmusikern spielen.

Darüber hinaus freut Wong sich auf den neuen Nürnberger Konzertsaal, der neben der Meistersingerhalle entstehen soll und den er gerne mit einem Konzert eröffnen würde. „Am liebsten mit einer Auftragskomposition und im Anschluss dann Mahlers Auferstehungssinfonie“, sagt Wong. Freilich existiert der Bau bis heute nur als Stadtratsbeschluss, weder hat bisher der Architektenwettbewerb begonnen, noch ist der operative Ablauf des komplexen Bauvorhabens zwischen Sanierung des Opernhauses, Einrichtung einer Ausweichspielstätte, Konzertsaalbau und Sanierung der Meistersingerhalle geregelt.

Wong wird da also Geduld haben müssen. Die braucht auch das Publikum der Symphoniker, müssen diese doch die kommende Saison, nach dem Abschied des Briten Alexander Shelley im Sommer 2017, ohne Chefdirigent überbrücken. „Wir werden erfahrene und beliebte Gastdirigenten einladen – ehemalige Chefdirigenten werden allerdings nicht dabei sein“, so Hemmer.

Dafür der zukünftige, denn Wong wird sich in einem Doppelkonzert am 17./18. März 2018 bereits dem Symphoniker-Publikum vorstellen. Auf dem Programm steht die 5. Sinfonie von Mahler und die „Unvollendete“ von Schubert.

Im Kernrepertoire zeigt sich Wong als Anhänger von Schostakowitsch und insbesondere von Mahler, nennt aber auch Namen wie Beethoven und Brahms. Die Arbeit an einem charakteristischen Klang, zum Beispiel bei den Streichern, ist ihm dabei sehr wichtig. Dafür probt er viel. Die Musiker der Symphoniker, die sich laut Hemmer mit großer Mehrheit für Wong ausgesprochen haben, hätten dabei begeistert mitgemacht.

Darüber hinaus legt er großen Wert auf die Einbeziehung von internationaler zeitgenössischer Musik in die Programme. „Warum nicht Brahms mit einem Werk aus Thailand oder Südafrika kombinieren?“, fragt er.

Sehr wichtig ist Wong die Förderung von Kindern und Heranwachsenden mit Musik. Auf Vermittlung von Marina Mahler, Enkelin von Gustav Mahler und Schirmherrin des Bamberger Dirigierwettbewerbs, leitet Wong im Rahmen der Mahler Foundation ein globales Entwicklungsprogramm für Kinder aus sozial schwachen Familien.

Hier wird auch seine Arbeit mit den Symphonikern einfließen, zudem will er die Konzertformate für Kinder und Jugendliche ausbauen. Und er scheut sich nicht, an das junge Publikum die Einladung auszusprechen, möglichst häufig die Proben zu besuchen. „Für sie steht meine Tür immer offen“, so Wong.

Dirigieren wird Wong die Hälfte von 20 Sinfoniekonzerten pro Saison, dazu kommen Auftritte im Serenadenhof, Sonderkonzerte und – natürlich – das Klassik Open Air im Luitpoldhain. Am 4. August 2018 ist es für ihn erstmals so weit.

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