Die Wiege der Sozialen Marktwirtschaft

3.8.2020, 14:47 Uhr
Ein Blick in die Ausstellungsräume. Foto: Ken Schluchtmann

Ein Blick in die Ausstellungsräume. Foto: Ken Schluchtmann

Heute ist das denkmalgeschützte und aufwändig sanierte Haus das Herzstück des Ludwig Erhard Zentrums (LEZ). Neben Verwaltungsräumen beherbergt es das Museumscafé Luise und den ersten Teil der Dauerausstellung. Der chronologische Rundgang beginnt im zweiten Stock in der ehemaligen Wohnung der Erhards mit einer originalen Kinderwiege aus der Zeit um 1900.

Die Wiege steht als Symbol. Denn hier wurde Ludwig Erhard entscheidend geprägt, hier kam er über das elterliche Geschäft schon früh mit der Wirtschaftswelt in Berührung, hier erfuhr er die Folgen von Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise der 1920er-Jahre schmerzlich und unmittelbar, und von hier aus wandte er sich schließlich der Ökonomie zu und entwickelte sein Konzept einer sozialen Marktwirtschaft. Nachdem die Stiftung Ludwig-Erhard-Haus das unter Denkmalschutz stehende Geburtshaus 2013 erworben hatte, begann die behutsame und umfassende Sanierung und Umgestaltung in einen Ausstellungs-, Erinnerungs- und Begegnungsort. Am Anfang stand die sorgfältige Analyse des Bestandes.

Das Anwesen umfasst mehrere Gebäude, die über einen idyllischen Innenhof erschlossen sind. Das Vorderhaus entlang der heutigen Ludwig-Erhard-Straße und das Hofhaus mit der Fassade zur Gartenstraße können auf die Zeit um 1720 datiert werden.

Die erste Erwähnung im Salbuch von 1723 beschreibt folgenden Besitz: „Eine zimblich große zweygädig auff neuen Grundt und Boden erbaute Wohnbehausung.“ Im Grundakt heißt es ferner: „Ein zweygädiges Wohnhaus […] in der Wassergasse samt Hofhaus […] in der Gartenstraße“. Das Hofgebäude, ein zweigeschossiger Fachwerkbau mit Mansarddach, entstand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Im Jahr 1853 wurde das Hauptgebäude mit einem zweiten Obergeschoss aufgestockt. Das Haus erhielt seine heute noch bestehende Sandsteinfassade im klassizistischen Stil mit rustizierten Mauerblenden und einem schmuckvoll ausgearbeiteten Dachgesims. Ebenfalls erhalten sind die gusseisernen Halbsäulen und Rahmungen im Stil der Neurenaissance, die die Ladenfront im Erdgeschoss dekorativ akzentuieren. Als authentischer Ort ist das Geburtshaus zugleich das bedeutsamste Exponat im LEZ. Bei der Gestaltung war es deshalb wichtig, den historischen Bestand auch im Inneren des Hauses zu erhalten und in die Ausstellungsarchitektur zu integrieren. Für die Besucher eröffnen sich vielfache Bezüge: Die Wände oder der Boden verformen sich und öffnen sich zu Vitrinen, die die Geschichte(n) des Hauses erzählen.Das gestalterische Konzept orientiert sich in Materialität und Farbigkeit am historischen Kontext und an den Lebensumständen des Protagonisten Erhard. So finden sich an einigen Wänden des Geburtshauses eigens angefertigte Tapeten, welche die tatsächlichen konservatorischen Funde zitieren.

https://www.ludwig-erhard-zentrum.de/

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