Die Zukunft des Tacheles bleibt unsicher

4.4.2011, 14:33 Uhr
Die Zukunft des Tacheles bleibt unsicher

© dapd

Die Zitterpartie um das bekannte Berliner Kunsthaus Tacheles geht weiter. Zwar platzte am heutigen Montag ein Termin zur Zwangsversteigerung kurzfristig. Die HSH Nordbank betreibt als Zwangsverwalterin aber nach eigenen Angaben weiter die Auktion für das wertvolle Gelände an der Friedrichstraße in Berlin-Mitte.

Vertreter der Künstlergemeinschaft befürchteten, dass es einen Deal am Gericht vorbei geben könnte. „Die Investoren kommen und gehen, Tacheles bleibt“, sagte jedoch Vereinssprecherin Linda Cerna.

Die Bank, die das Tacheles und das umgebende Gelände nach der Zahlungsunfähigkeit des früheren Eigentümers verwaltet, wollte nach jahrelangem Streit das Areal mit insgesamt 16 Grundstücken nur im Paket verkaufen – für 35 Millionen Euro. Die denkmalgeschützte Kaufhausruine mit ihren rund 30 Ateliers und Werkstätten sowie Theater und Kino sind bei Touristen aus aller Welt eine beliebte Attraktion. Nach Vereinsangaben kommen jährlich rund 400000 Besucher.

Die alternative Kunstszene befürchtet seit langem die Zwangsräumung. Rund 50 Tacheles-Künstler hatten sich vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte am Montagvormittag zum Protest versammelt.

Doch knapp eine Stunde vor dem angesetzten Termin wurde die Versteigerung offiziell abgesagt. Der Tacheles-Verein hatte wohl schon damit gerechnet – eine entsprechende Presseerklärung wurde flugs verteilt. „Wir fordern aber weiterhin, die Stadt Berlin solle das Gelände am Tacheles erwerben“, heißt es dort.

Auch Wowereit überrascht

Banksprecherin Gesine Dähn sagte, man habe nur eine einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragt, weil die Verhandlungen mit den „verschiedenen Bietinteressenten“ noch nicht abgeschlossen seien. „Wir rechnen mit einer baldigen Fortsetzung des Verfahrens.“ Eine Gerichtssprecherin sagte hingegen, dies könne Monate dauern.

Auf die Frage, ob sich die Bank vielleicht schon mit einem Käufer geeinigt hat, wollte sich Rechtspflegerin Anne Füssel aber nicht äußern. Sie fügte jedoch hinzu: „Theoretisch ist es möglich, dass es eine Einigung zum Verkauf gegeben hat.“ Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wurde von der Wende überrascht. Sein Kultur-Sprecher Torsten Wöhlert sagte, es bleibe dabei, dass man mit dem künftigen Investor über einen Erhalt des Tacheles als Kulturstandort sprechen wolle. „Irgendwann wird es ja einen Eigentümerwechsel geben, so oder so“, sagte Wöhlert.

Die Sprecherin der Künstlerinitiative vom Tacheles, Linda Cerna, sagte, es deute einiges darauf hin, dass in einem Hinterzimmer der Zuschlag für den Hamburger Investor Harm Müller-Spreer ausgeküngelt worden sein könnte. Der habe schon mit dem Bau des umstrittenen Spree-Dreiecks am Bahnhof Friedrichstraße für viel Ärger gesorgt. Doch Cerna gab sich kämpferisch: Das Tacheles-Programm gehe mit voller Energie und weiteren Highlights weiter.

Eine andere Nutzer-Gruppe im Tacheles – beide Seiten sind massiv zerstritten – zeigte sich indes fast resigniert. „Wir sind mit keinerlei Investor im Gespräch. Wir sind eher schon mit einem Fuß aus dem Tacheles“, sagte Tim Africa. Bei den geforderten Nutzungsentschädigungen gehe es um Summen – „da kommt man nicht mehr mit“. Vielleicht gelinge nun doch noch die Zerstörung des Tacheles.