Doku "Verteidiger des Glaubens": Der Papst, der scheiterte

3.11.2019, 15:54 Uhr
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© Foto: Michael Kappeler/dpa

In seiner Dokumentation "Verteidiger des Glaubens" wirft Regisseur Christoph Röhl einen kritischen Blick auf das Pontifikat von Benedikt XVI. Sein Film stellt die These auf, dass Joseph Ratzinger selbst den Boden für die Krisen bereitet hat, welche die Kirche während seines Pontifikats trafen. Seine Weggefährten, die im Film zu Wort kommen, beschreiben den in einem bayerischen Idyll aufgewachsenen Theologen als einen konfliktscheuen Menschen. Als Professor in Tübingen lässt er sich vorher informieren, wann Studenten Proteste planen und bleibt dann vorsichtshalber zu Hause. Schließlich zieht er komplett ins ruhigere Regensburg um.

Er liebt die Ordnung, seine Familie, seine Kirche – was in seinem Gedankensystem immer mehr zusammenfällt. Eigentlich wollte er in den Ruhestand gehen und Bücher schreiben, als plötzlich – wie er selbst sagt – das "Fallbeil auf ihn herabfällt" und er Papst wird.

Und es kommt dicke. Bank-Skandale, massenhafter Missbrauch, dunkle Schatten im Dialog mit anderen Religionen. Der Bewahrer Benedikt setzt auf Tradition, auf eine starke und schöne Kirche. Dass es in dieser Kirche auch Böses gibt, passt nicht in sein Weltbild: Es muss der Teufel sein, der sie von außen in den Schmutz zieht. So werden die Skandale unter den Tisch gekehrt, bis schließlich gar nichts mehr geht und ein abgekämpfter Benedikt die angesammelten Akten seinem Nachfolger auf den Tisch legt und Richtung Castel Gandolfo davonfliegt . . . Fünf Jahre lang recherchierte Christoph Röhl für seinen Film. Die meiste Zeit verbrachte er damit, im Vatikan Vertrauen aufzubauen. Bis zu Benedikt selbst drang er nicht vor, aber er schaffte es zu seinem Sekretär Georg Gänswein. Der wirkt im Film entspannt und freundlich – was sich änderte, als er das fertige Werk zu Gesicht bekam: "Ein Debakel, ein miserables Machwerk", urteilte er.

Dabei greift Röhl in seinem zurückhaltenden und ausgewogenen Film in keiner Sekunde den katholischen Glauben an, sehr wohl aber das hierarchische System der Kirche, das mit einer alten Monarchie verglichen wird. Mit Benedikt als letztem Kaiser. "Ich wollte Ratzinger nie demontieren", beteuert Röhl. "Er erscheint mir als Mann, der an seinen Idealen gescheitert ist. Er wollte die Kirche stärken und hat das Gegenteil erreicht."

Und, das wird am Ende zart angedeutet, durch sein Scheitern auch den Weg bereitet für die notwendige Erneuerung der Kirche unter Franziskus. (D/90 Min.)

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