Drei Akkorde und die Wahrheit: Das Musikdrama "Wild Rose"

12.12.2019, 10:24 Uhr
Auf der Bühne ist Rose-Lynn (Jessie Buckley) in ihrem Element. Doch das Schicksal legt der jungen Country-Sängerin einige Steine in den Weg.

© Foto: eOne Germany Auf der Bühne ist Rose-Lynn (Jessie Buckley) in ihrem Element. Doch das Schicksal legt der jungen Country-Sängerin einige Steine in den Weg.

Manchmal hilft es, sich den großen Traum von der Zukunft aus der Nähe anzusehen, um zu erkennen, dass er nicht unbedingt verwirklicht werden muss. So in etwa könnte man die Geschichte des mit viel guter Musik angereicherten Dramas "Wild Rose" zusammenfassen. Der Titel spielt auf die talentierte Country-Sängerin Rose-Lynn Harlan an, die in Glasgow gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde. Ein echter Wildfang, der unbedingt weiter an seiner Musik-Karriere basteln will. Am liebsten in Nashville, dem Mekka der Country-Szene. Dass da noch ihre zwei kleinen Kinder sind, um die sich während der zwölf Haft-Monate ihre Mutter gekümmert hat, scheint für die junge Frau zunächst keine große Rolle zu spielen.

Angesichts von Roses Situation mutet es anfangs tatsächlich etwas unglaubwürdig und befremdlich an, dass Regisseur Tom Harper und Drehbuchautorin Nicole Tayler ihre Hauptfigur mit soviel lebensfreudigem Egoismus ausstatten. Andererseits lässt sich mit solchen Charaktereigenschaften natürlich eine gewisse Fallhöhe und die Möglichkeit der Wandlung und Reifung konstruieren.

Mit der Irin Jessie Buckley haben die beiden glücklicherweise eine Schauspielerin und überaus begnadete Sängerin gefunden, die den Zuschauer (nicht zuletzt mit ihrem schiefen Lächeln) von der ersten Szene an für sich einnimmt und mitreißt. Kraftvoll verkörpert sie die alleinerziehende Mutter, die zwar kein Geld, aber die Sehnsucht hat, aus einem allzu normalen Leben auszubrechen. Ihren Part füllt Buckley mit all seinen witzigen Momenten, den emotionalen Höhen und Tiefen glänzend aus – und Wendungen in der Vertikalen gibt es in "Wild Rose" etliche.

Bei einer betuchten Familie, die wie aus dem "Schöner Wohnen"- Magazin kopiert wirkt, findet die selbstbewusste Rose-Lynn schließlich eine Stelle als Haushaltshilfe. Und irgendwie fällt einem bei diesem sinnfälligen Sozialkontrast "My fair Lady" ein, wenn sich die freche Hobby-Sängerin unter dem Einfluss ihrer schicken Arbeitgeberin zwischendurch zur patenten Mutter mausert und sogar eine Art Coming-of-Age-Prozess durchmacht.

Sicher wirkt hier manches etwas aufgesetzt, gezielt auf Wirkung oder zu glatt erzählt. Dazu passen die sauber gefilmten, konventionell gesetzten Szenen. Doch wenn Jessie Buckley alias Rose-Lynn auf der Bühne steht, spürt man die Energie einer Frau, die ganz in ihrem Element ist. "Drei Akkorde und die Wahrheit" lautet das Lebensmotto, das als Tattoo den Unterarm der Hauptfigur ziert.

Und mehr als Oldschool-Country sind hier Americana-Songs zu hören – eine Musik, die den Sound für alle Lebenslagen parat hat. Und die neben der Hautdarstellerin dafür sorgt, dass "Wild Rose" trotz allem sehens- und hörenswert ist. (101 Min.)

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