Abdulrazak Gurnah

Ernsthaft?! Warum der Nobelpreis für Literatur wieder an einen Autor ging, den keiner kennt

7.10.2021, 15:21 Uhr
Abdulrazak Gurnah

© Jerzy Dabrowski, dpa Abdulrazak Gurnah

Am Donnerstag um 13 Uhr stellten sich Feuilletonisten weltweit eine atemlose Frage: Wer zum Teufel ist Abdulrazak Gurnah? Nachdem der tansanische Autor den Literaturnobelpreis verliehen bekommen hatte, dürften insbesondere bei der Deutschen Presse-Agentur die Drähte heiß gelaufen sein. Von der wird in solchen Fällen schließlich eine zügig bereitgestellte Würdigung des Preisträgers erwartet.

In unserer Redaktion hätte diese niemand schreiben wollen, denn niemand hatte den Namen Abdulrazak Gurnah je zuvor gehört. Peinlich. Oder?

Politische Gründe

Die Schwedische Akademie nimmt es sich immer wieder heraus, überraschende Entscheidungen aus politischen Gründen zu treffen. Kolonialismus und Flüchtlingsschicksale sind – laut Begründung – Themen Gurnahs, der selbst Ende der 1960er Jahre als Flüchtling nach Großbritannien kam. Sicher ist es lobenswert, den Blick der Weltöffentlichkeit auf diese Themen zu lenken.

Aber: Gurnahs Wikipedia-Seite besteht aus drei Sätzen. Seine jüngsten drei Romane sind in Deutschland (oder Frankreich oder Spanien oder Italien) noch nicht einmal verlegt worden. Die dpa hat Stunden gebraucht, bis sie überhaupt ein Foto von ihm aufgetrieben hat. Gurnah ist sicher kein schlechter Schriftsteller, er ist aber auch kein bedeutender Schriftsteller.

Es stellt sich schon die Frage, ob es hier um literarische Qualität ging, oder darum, ein Statement zu setzen. Selbstverständlich soll der Literaturnobelpreis nicht zu einem Popularitätswettbewerb verkommen, die Akademie driftet mit ihren Entscheidungen heuer und auch im Vorjahr (Louise Glück) leider ins entgegengesetzte Extrem.

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