Für mehr Hilfe: Künstler demonstrieren gegen Kulturpolitik

22.7.2020, 20:47 Uhr
Für mehr Hilfe: Künstler demonstrieren gegen Kulturpolitik

© Foto: Eduard Weigert

Denn darauf laufen die massiven Vorwürfe hinaus, die vor allem von Aktivisten des Selbstständigenrats in der Gewerkschaft ver.di artikuliert wurden, allen voran der ehrenamtliche Sprecher Willi Nemski und der Musiker Dieter Weberpals. Trotz diverser Förderprogramme, so klagen sie, gehen viele Betroffene bisher leer aus, etwa weil sie die Wohnungsmiete nicht anteilig als Betriebsausgabe geltend machen können – auch wenn sie dort arbeiten. "Die bisherigen Hilfen sind unlogisch und ungerecht", schimpfte Nemski.


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Die Betroffenen fühlen sich mit ihren Problemen von der Kulturverwaltung und Kommunalpolitik nicht angemessen wahrgenommen. Seit Jahren werde die Bedeutung der Kulturwirtschaft für Stadt und Region beschworen, so Nemski. "Aber das Wirtschaftsreferat hat weder Zahlen noch konkrete Hilfsmaßnahmen." Die Gewerkschaftssekretärin Amila Tatarevic ging gar soweit, die Bewerbung um den Titel als Kulturhauptstadt in Frage zu stellen, wenn die "Kleinen" weiter vernachlässigt würden. "Vielleicht hat die Stadt diesen Titel gar nicht verdient."

Für die größte Empörung sorgt freilich die als "Unverschämtheit" empfundene Aufforderung, notfalls Grundsicherung zu beantragen. "Wir werden mit Hartz IV arm gemacht", so die Aktivisten. Das im Einzelfall zu verhindern, übersteigt allerdings die Möglichkeiten der Stadt.

Oberbürgermeister Marcus König verwies darauf, dass die Stadt alle zugesagten Zuschüsse auszahle, an Aufträgen festhalte und sich bemühe, Spielstätten gebührenfrei zur Verfügung zu stellen. "Was wir tun können, tun wir", beteuerte er und warb nachdrücklich darum, sich beim Bewerbungsprozess für die Kulturhauptstadt nicht in die Schmollecke zurückzuziehen.


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Schon zuvor hatten er und Kulturbürgermeisterin Julia Lehner in Reaktion auf den grimmigen Offenen Brief des Concertbüros Franken in einer Stellungnahme genau aufgelistet, welche Förderungen an die lokale Kultur schon ausgespielt wurden: Durch Auftragsvergabe und Honorare gingen weit über eine Million Euro an die krisengebeutelte Kunstszene. Den Erläuterungen von Lehner mochten etliche Demonstranten gestern nicht folgen. Buhs kamen auf und empörte Zwischenrufe. Ob und wie ein konstruktiver Dialog zustande kommt, ist offen.


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