Gegen die Arroganz vermeintlicher Eliten

21.4.2009, 00:00 Uhr
Gegen die Arroganz vermeintlicher Eliten

© Michael Matejka

Von seinem Lehrer spricht er noch heute mit größter Hochachtung, obwohl er dessen Suche nach dem zeitlos Schönen nicht fortgesetzt hat. Kuschel hält es eher mit Karl Kraus: «Die Kunst lebt in unmittelbarer Verständigung mit dem durch die Zeit empörten Geist, Kunst kann nur von der Absage kommen.« Zeitlos gültig ist für den gläubigen Katholiken Kuschel lediglich, «dass der Mensch grundsätzlich zwischen richtig und falsch unterscheiden kann«. Im Alltag sind die Menschen aber oft blinde Mitläufer, eingebettet in Gewohnheiten und gesellschaftliche Rituale. Das Alltagsleben bedeutet Distanzverlust, ja letztlich Bewusstlosigkeit.

Witz und Ironie hinter gespielter Naivität

Kuschel sieht es als seine Aufgabe, die gängigen Klischees infrage zu stellen. Er tut dies mit dem Einsatz von Witz und Ironie, welche sich manchmal auch hinter gespielter Naivität verstecken. So übersetzt er die Phrasen aus offiziellen Reden gern «wortwörtlich« in Bilder. Sein Gemälde «Die Einschnitte werden für den Bürger schmerzhaft sein« zeigt eine mit einer Fahne der Bundesrepublik Deutschland bedeckte Leiche auf einem Operationstisch. Die dahinter stehenden (steckenden) Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik sind gerade dabei, sich zufrieden abzuwenden. Für sie verlief der Eingriff offenbar erfolgreich.

Kuschels Bildsprache ist derb. Bei ihm haben Top-Manager Heuschreckenköpfe. Doch nicht nur die Rücksichtslosigkeit, Oberflächlichkeit und Arroganz vermeintlicher Eliten ist satirisch überspitzt dargestellt. Ebenso unmissverständlich ist des Künstlers Kritik «volkstümlicher« Torheiten und weitverbreiteter Schwächen. Seine Keramik- und Bronzeplastiken erzählen vom bürgerlichen Leben zwischen kriecherischer Anpassung und Flucht in allerlei käufliche Träume. Daneben stehen gänzlich ungeschönte Bilder von Alter, Armut, Krankheit und Tod.

Mitleid und Zorn sichtbar machen

Peter Kuschel, der seit den 60er Jahren eine Vielzahl von Auftragsarbeiten geliefert hat, möchte sich bei seinen «ganz privaten Sachen« keinerlei inhaltliche oder formale Beschränkung auferlegen. Dass nicht alle Betrachter seine Sicht der Dinge teilen können, ist ihm klar. Bei seiner letzten Ausstellung in Nürnberg im Jahr 1996 zeigten sich Besucher schockiert von der Direktheit seiner künstlerischen Aussagen. Kuschel nimmt das ebenso gelassen wie die oft gehörte Meinung, kritische Kunst könne die Welt doch wohl kaum wirklich verändern. «Kann schon sein«, meint er lächelnd, «aber wem würde es nützen, wenn ich aufhöre, mein Mitleid und meinen Zorn sichtbar zu machen?«

Mit einem außergewöhnlich verständnisvollen Publikum rechnet er bei seiner aktuellen Ausstellung im Nachbarschaftshaus Gostenhof: «Ich habe mir erzählen lassen, dass das ein Viertel mit vielen politischen, sozialen und künstlerischen Aktivitäten ist. In so einem Umfeld müssten ich und meine Sachen eigentlich am richtigen Ort sein.«

Galerie Kulturdach im Nachbarschaftshaus Gostenhof, Adam-Klein-Straße 6: Peter Kuschel «Zeiterscheinungen«, Gemälde und Skulpturen. Eröffnung am 24. April, 19 Uhr. Bis 10. Mai, Do./Fr. 18-20 Uhr, Sa./So. 16-20 Uhr.