Geheimnisse und Lebenslügen in "Das perfekte Geheimis"

3.11.2019, 15:18 Uhr
Geheimnisse und Lebenslügen in

© Foto: Constantin Film Verleih

Die gute Nachricht: "Das perfekte Geheimnis" ist kein Aufguss geworden, sondern präsentiert die Publikumslieblinge in einem komplett anderen Setting.

Seit seligen Kindertagen sind Rocco (Wotan Wilke Möhring) und seine Freunde (Elyas M’Barek, Florian David Fitz, Frederick Lau) ein eingeschworener Haufen. Anlässlich einer Mondfinsternis wird die Clique der inzwischen mehr oder weniger erfolgreichen Mittvierziger bekocht – bei ihm zu Hause, mit Frauen so weit vorhanden (Jessica Schwarz, Karoline Herfurth, Jella Haase).

Neben Standardthemen wie Job, Kinder und "Wir essen kaum noch Zucker" geht es am Abendbrottisch auch um Geheimnisse, und noch vor dem ersten Gang kommt die Idee auf, ein Spiel zu spielen. Das nennt sich "Farbe bekennen" und geht so: Für die Dauer des Essens kommen alle Smartphones entsperrt auf den Tisch, alle eingehenden Nachrichten werden laut vorgelesen, alle Anrufe werden angenommen und auf laut gestellt. Nicht jedem Anwesenden steht der Sinn nach so viel spontaner Offenlegung, doch der Gruppendruck ist größer. Im Laufe des Abends läuft das Experiment genüsslich aus dem Ruder. Das Wohnzimmer wird zum Minenfeld.

Das Spielfeld ist bekannt: Geschlechtsreife Großstädter mit ihren Nöten und Neurosen kommen in einem vorgeblich zivilisierten Rahmen zusammen, es wird viel geredet und viel getrunken, Geheimnisse und Lebenslügen scheinen auf . . . und die Dinge geraten außer Kontrolle. Derartige Versuchsanordnungen kennt man aus Filmen beziehungsweise Theaterstücken wie "Nackt", "Der Vorname" oder "Der Gott des Gemetzels".

Mit Smartphones, diesen Super-Computern für die Hosentasche, die – wie es an einer Stelle im Film so schön heißt – Flugschreiber eines ganzen Lebens sind, eine erwachsene Variante von "Wahrheit oder Pflicht" zu spielen, ist eine schöne Idee, die ab dem ersten eingehenden Klingelton auch ganz wunderbar funktioniert. Wir spoilern an dieser Stelle nicht, wenn wir verraten, dass fast jeder am Tisch (s)ein Geheimnis hat. Und dass es dabei vor allem um Sex geht.

Doch der Film bleibt über die volle Laufzeit schön in Bewegung, schlägt regelmäßig Haken und zaubert immer wieder die ein oder andere Überraschung aus dem Hut. Das Tempo ist flott, die Dialoge sind pointiert. Schön auch, wie Bora Dagtekin (Drehbuch und Regie) sein Kammerspiel im letzten Drittel kurz ins Abgründige driften und dann doch als versöhnliches Buddymovie enden lässt. Das ist feines Handwerk.

Nicht jeder Twist zündet, unterm Strich funktioniert die Geschichte aber erstaunlich gut – was auch an der bestens aufgelegten Besetzung liegt, die hier wunderbar einen aufspielt. Zwischen den Schauspielern stimmt die Chemie, was nicht nur bei den Outtakes im Abspann deutlich wird. Runde Sache. (D/111 Minuten).

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