Gerhard Polt wird 75: Eine bayerische Sehenswürdigkeit

7.5.2017, 11:40 Uhr
Gerhard Polt wie man ihn kennt: redend, am Mikrofon.

© dpa Gerhard Polt wie man ihn kennt: redend, am Mikrofon.

Dieses Trumm von einem Mannsbild ist auf der Bühne immer wieder ein Ereignis. Allein wie er seinen massigen Körper bewegt oder einfach im ausgebeulten Trachtenjanker dasitzt, sich räuspert und dazu das gesicht verzieht, ist zum Fürchten komisch. Keine Frage: Polt ist ein großer Menschenkenner und großartiger Darsteller. Bis er seine eigentliche Berufung fand, dauerte es allerdings einige Zeit. Er wuchs – evangelisch getauft – im streng katholischen Altötting und in München auf. Nach dem Abitur studierte er in München Politische Wissenschaften, Geschichte und Kunstgeschichte.

Von 1962 an studierte er in Göteborg nordische Sprachen und lebte vier Jahre in Schweden. Nach seiner Rückkehr nach München arbeitete Polt als Übersetzer, Lehrer und Dolmetscher. Zum Glück erfüllte sich sein heimlicher Berufswunsch nicht: Er wäre gerne Bootsverleiher geworden. Was dem Buddhismus ziemlich nahe kommt. 1976 trat er in München zum ersten Mal mit einem kabarettistischen Programm auf, anschließend erhielt er ein Engagement in Berlin.

Der große Durchbruch kam 1979 mit der Erfolgsserie "Fast wia im richtigen Leben". Es folgten Auftritte in Dieter Hildebrandts Fernseh-"Scheibenwischer". Aber vom tagesaktuellen politischen Kabarett hat sich Polt schon vor langer Zeit verabschiedet. Als brillanter Beobachter bringt Polt in seinen Dialekt-Monologen und Rollenspielen menschliche Schwächen im Allgemeinen und bayerisches lebensgefühl im Besonderen täuschend echt zum Ausdruck: Er stellt die Banalität des Bösen dar und den Spießer in uns bloß, so dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt.

Wer erinnert sich nicht an "Osterhasi", "Mai Ling" oder den Schäferhund-Besitzer, der seine Macht demonstriert, indem er damit droht, dass er jederzeit "Fass!" sagen könnte. Wenn er nur wollte. Die andere, ausgelassene Seite des Berufsgrantlers und Satirikers konnte man bei den Auftritten mit seinen kongenialen Bühnenpartnern von der "Biermösl Blosn" erleben. Wenn Polt zum Abschluss einen afrikanischen Fantasie-Gesang anstimmte, raste das Publikum jedes Mal vor Begeisterung, egal ob im Staatstheater oder in der Dorfwirtschaft.

Privat ist Polt, der abwechselnd am Schliersee und in Italien lebt, viel umgänglicher und freundlicher als es seine Bühnenrollen vermuten lassen. Darüberhinaus ist er ein großer Genießer, überaus kunstsinnig und enorm gebildet. Polts erster Spielfilm "Kehraus" wurde ebenso ein Erfolg wie regelmäßige Kabarettprogramme an den Münchner Kammerspielen oder am Staatsschauspiel. 1988 kam sein Film "Man spricht deutsch" in die Kinos, in dem er zusammen mit Gisela Schneeberger das deutsche Urlaubsspießertum aufs Korn nimmt.

Das Bayerische Fernsehen ehrt den vielseitigen Künstler aus aktuellem Anlass an diesem Samstag mit einem Themenabend: Im Mittelpunkt steht die Neuproduktion "Der Große Polt – Gemütlichkeit am Abgrund". Da sich der Jubilar nicht gerne interviewen lässt, wartet das Filmteam in Polts Küche auf die Gratulanten, darunter Schauspielerin Gisela Schneeberger, der österreichische Kabarettist Josef Hader, Regisseur Hanns Christian Müller und Rock-Sänger Campino von den "Toten Hosen".

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