„Ich war schon immer ein Nasentier“

14.11.2014, 17:48 Uhr
„Ich war schon immer ein Nasentier“

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Mit sehr viel Inspiration und Zeit komponieren sie den einen, ganz besonderen neuen Duft, der später in extravagante Flakons gefüllt und teuer verkauft wird. So stellen sich viele die Arbeit eines Parfümeurs vor. Doch ganz so luxuriös ist die Welt der Düfte nicht.

Nur ein sehr kleiner Teil der Parfümeure stellt auch ein Eau de Toilette oder ein Eau de Parfum her. Die meisten kreieren Gerüche für die chemisch-technische Industrie – wie Frank Hahlbohm, der sich selbst weniger als Künstler und mehr als Handwerker sieht.

Der Geschäftsführer der Kurt Kitzing GmbH in Schwaben sorgt für das passende Dufterlebnis beim Auftragen von Shampoos und Cremes. „Manchmal geht es aber eher darum, unangenehme Gerüche zu verdecken. Daher entwickeln wir auch Duftstoffe für Autopoliermittel oder Raumsprays“, erklärt der 41-Jährige.

Sein Arbeitsalltag besteht zu einem großen Teil darin, Rezepturen für neue Kompositionen zu entwickeln. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Düfte marktfähig sind. Wenn zum Beispiel Inhalt des Auftrags ist, ein Putzmittel zu parfümieren, das eine blaue Flüssigkeit hat, sollte der Geruch unbedingt mit Blau harmonieren. Sonst wird er von den Verbrauchern falsch wahrgenommen.

Die Zielgruppe ist auch zu berücksichtigen: „Soll ein Drogerie-Produkt für Männer nun auch für Frauen herausgebracht werden, gestalte ich den Duft weicher und ein wenig süßlicher. Das geht beispielsweise mit Vanillin oder einer sanften Blümchennote“, sagt Hahlbohm.

Bei Parfümölen für Haut und Haar ermittelt er während der Entwicklung außerdem das Allergiepotenzial, damit möglichst wenige Konsumenten auf die Duftstoffe allergisch reagieren. Natürliche Stoffe sind übrigens oft problematischer als synthetische, da sie deutlich komplexer aufgebaut sind und abträgliche Inhaltsstoffe oft nicht einfach entfernt werden können.

„Ich war schon immer ein Nasentier“

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Kaufmännische Tätigkeiten sind im Parfümeurs-Job ebenfalls nicht zu unterschätzen: Die Kosten der Mischungen sollten genau kalkuliert werden, und wegen des starken Wettbewerbs in der Branche spielt auch das richtige Marketing eine große Rolle.

Eine staatlich geregelte Lehre gibt es für Parfümeure nicht. Die meisten Firmen bilden nur bei Bedarf aus. In Deutschland hat der Duft- und Aromastoff-Hersteller Symrise eine eigene Parfümerieschule in Holzminden in Niedersachsen. Um dort aufgenommen zu werden, müssen die Bewerber einen mehrstufigen Eignungstest bestehen. Bei diesem werden unter anderem die Kenntnisse der organischen Chemie, Präsentationstechniken und natürlich Riech- und Erinnerungsvermögen getestet.

Quereinsteiger gibt es selten, die meisten angehenden Parfümeure haben Chemie studiert oder zum Beispiel eine Ausbildung zum Chemielaboranten absolviert. Derzeit gibt es bei Symrise gerade einmal fünf Parfümeurschüler. Außerhalb Deutschlands ist im französischen Grasse, der Geburtsstadt des Parfüms, das Grasse Institute of Perfumery eine wichtige Adresse für werdende Duftkünstler.

Frank Hahlbohms Werdegang ist dagegen eine Ausnahme in der Branche: Er machte eine Elektroniklehre und studierte danach BWL und Wirtschaftsgeschichte. Die Firma Kurt Kitzing, die sein Opa gegründet hatte, suchte damals schon nach einer Geschäftsleitung. So wurde ihm nahegelegt, mit einer dreijährigen Ausbildung zum Parfümeur in die Firma einzusteigen. Da Hahlbohm schon immer ein „Nasentier“ war und gerne kreativ arbeitet, ergriff er die Chance.

Egal, wo man seine Ausbildung macht, überall lernen die Schüler sehr viele Gerüche sowie chemische Strukturen von synthetischen und natürlichen Substanzen kennen. Sie üben auch ein, diese zu unterscheiden, und prägen sich die Bestandteile wichtiger ätherischer Öle wie Rosenöl ein.

„Ich habe während meiner Ausbildung täglich fünf bis zehn neue Riechstoffe kennengelernt und meine eigene Duftdatenbank erstellt“, erzählt der 41-Jährige. Dabei sei es wichtig, welchen Geruch man sofort, nach zehn Minuten und welchen nach drei Stunden wahrnimmt. „Etwa 1500 Inhaltsstoffe sollte man schließlich genau kennen“, findet Hahlbohm.

Wer diesen Beruf ergreifen möchte, sollte vor allem Spaß am Riechen und Experimentieren haben. Hahlbohm rät daher Interessierten, mit einer „offenen Nase“ unterwegs zu sein und zum Beispiel mal an frischer Walderde zu schnuppern, um neue Geruchserlebnisse zu erfahren.

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