Immer schön langsam!

31.8.2010, 00:00 Uhr
Immer schön langsam!

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Nach den Erkenntnissen von Popp ist die in westlichen Industrieländern vorherrschende Auffassung von der „richtigen“, das heißt durchgängig effektiven Nutzung der Zeit das größte Hindernis auf dem Weg zur Kreativität für alle. So nimmt der Autor seinen Lesern zuallererst die Furcht vor einem angeblichen Verlieren oder Verschwenden von wertvoller Zeit. Popp wirbt für Bedächtigkeit und Qualitätsbewusstsein. Er warnt vor der ständigen Fixierung auf schnelle Ergebnisse und lobt — nach seiner Meinung solidere — Werte wie Nachhaltigkeit und Schaffensfreude. Er schwärmt förmlich von den Glücksmomenten, die uns ein von allen vordergründig-praktischen Zwecken befreites Tun schenken kann.

Natürlich ist ihm klar, dass in der derzeit herrschenden Gesellschaftsordnung nicht jeder ein Künstler werden kann, aber ein bisschen angewandte Lebenskunst (nach Bert Brecht „die größte aller Künste“) sollte schon machbar sein. Wichtigste Voraussetzung dafür ist der Abschied von Theorien, die aus dem Menschen eine Art „Maschine“ machen wollen. Popp will nicht nur funktionieren. Er möchte seinen Gefühlen den ihnen zukommenden Raum geben können, er will bewusster genießen, er will sich — soweit immer dies möglich ist — „Zeit lassen“. Popp ist Anhänger der Slow-Food-Bewegung, und er solidarisiert sich mit dem „Verein zur Verzögerung der Zeit“, einem Zusammenschluss von Akademikern unterschiedlicher Fachrichtungen, der sich dem angestrengten Aktionismus unserer Tage hartnäckig verweigert.

Das eigene Tempo suchen

Fridrich Popp entwickelt die Vision einer künftigen Welt, in der nicht mehr nur ein paar Privilegierte derart eigenwillig mit dem Phänomen Zeit umgehen werden. Das Schlusskapitel seines Buches hat die bewusst mehrdeutige Überschrift „Eine bessere Zeit ist möglich“. Darin fordert er seine Leser auf, sich „möglichst wenige fremdbestimmte Handlungszwänge“ aufzubürden und mit Selbstvertrauen ihren individuellen Lebensstil mit einem jeweils ganz „eigenen Tempo“ zu suchen.

Insgesamt belegt das vorliegende Buch also erneut, dass Fridrich Popp nicht nur ein origineller, vielseitig begabter und interessierter Zeitgenosse ist, sondern auch ein beneidenswert unbeirrbarer Optimist.

Fridrich Popp: Die kreative Kunst der Gelassenheit. Engelsdorfer Verlag, 174 Seiten, 11,30 Euro.

Eine Gelegenheit, mit dem Autor über sein Buch zu diskutieren, bietet sich am 15. September, ab 20 Uhr im Kulturladen Nord (KUNO), Wurzelbauerstraße 29.