James Deans Wiederauferstehung

22.11.2019, 09:54 Uhr
James Deans Wiederauferstehung

© epd

Was sich mancher Zeitgenosse mit fortschreitendem Lebensalter zunehmend erträumt, ist in den Traumfabriken der Filmwelt längst kein Ding der Unmöglichkeit mehr: Für Martin Scorseses knapp 160 Millionen Dollar teure Netflix-Produktion "The Irishman" wurden die betagten Hollywood-Helden Robert De Niro (76) und Al Pacino (79) einer verblüffend wirkungsvollen digitalen Verjüngungskur unterzogen. In der Branche spricht man treffend von "de-aging". Und nun soll sogar James Dean dank Computertechnik im Kino wieder auferstehen.

Wie das US-Filmmagazin The Hollywood Reporter unlängst berichtete, will die junge Produktionsfirma Magic City Films in Los Angeles das legendäre Leinwand-Idol als Computer Generated Image (CGI) zum Filmleben erwecken. Der 1955 im Alter von 24 Jahren in seinem Porsche Spyder tödlich verunglückte US-Schauspieler soll posthum eine Hauptrolle in dem Action-Drama "Finding Jack" übernehmen. Es handelt vom Vietnamkrieg, und neben Dean sollen auch Tausende von Militärhunden vorkommen.

Monatelange Suche

Man habe monatelang vergeblich nach einem passenden Schauspieler gesucht, der die komplexe Figur verkörpern könnte, und sich schließlich für James Dean entschieden, werden die Regisseure Anton Ernst und Tati Golykh zitiert. Um die Rechte, die bei Deans Familie liegen, habe man sich bereits gekümmert. So kommt der Star, der mit ". . .denn sie wissen nicht, was sie tun", "Jenseits von Eden" und "Giganten" Mitte des vergangenen Jahrhunderts nur drei Filme gedreht hat, zu unerwartet neuen Ehren. Anlaufen soll "Finding Jack" im November 2020.

James Deans Wiederauferstehung

© Foto: Netflix

Verjüngungs-Tricks sind in der Filmbranche ein alter Hut: "Dass man bei einer Figur die Falten reduziert, indem man auf Partien des bestehenden Gesichts kleine Unschärfen legt, das gibt es bei uns bestimmt schon seit 20 Jahren. Es funktioniert auch bei bewegten Bildern", erklärt Jürgen Schopper, der an der Fakultät Design der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm das Studienfach "Film & Animation" leitet.

Bei "The Irishman" oder Ang Lees Sci-Fi-Thriller "Gemini Man" mit Will Smith dagegen habe man jetzt digitale Gesichter beziehungsweise mit enormem Datenaufwand sogar komplett digitale Darsteller neu geschaffen. "Man verwendet im ersten Fall das Gesicht der heutigen Charaktere, legt quasi digitale Abgüsse ihres Gesichts von vor 20, 30 Jahren darüber und steuert das Ganze über die aktuelle Mimik der jeweiligen sprechenden Darsteller", erläutert Schopper die Methode. Robert De Niro jedenfalls war begeistert vom Ergebnis. Klar wäre so ein Projekt auch für Schopper spannend. "Die Frage ist eher, wer das bezahlen würde", erklärt der 51-Jährige. Ein Aufwand wie in "The Irishman" sei für eine deutsche Filmproduktion schlicht nicht zu finanzieren.

Allerdings haben Forscher der Erlanger Friedrich-Alexander-Universität in Zusammenarbeit mit der Stanford University und dem Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken vor wenigen Jahren eine – noch nicht leinwandtaugliche – Technologie entwickelt, mit der sich Mimik und Lippenbewegungen eines Menschen erfassen und in Echtzeit auf das Videobild eines ganz anderen übertragen lassen.

"Natürlich kann man damit viel Unfug anstellen, das Internet ist voll davon", sagt Schopper. Angesichts der Tatsache, dass sich über solche "facial reenactments" oder "DeepFakes" jeder x-beliebigen Person x-beliebige Worte in den Mund legen lassen, ist es recht harmlos, wenn in einem Internet-Filmschnipsel aus "No Country for Old Men" Arnold Schwarzenegger als der psychopathische Killer auftritt, den eigentlich Javier Bardem spielte. . .

Einen ganzen James Dean wieder aufleben zu lassen, ist da nochmal eine andere Nummer – wenn auch keine ganz neue. Bereits in "Star Wars – Rogue One" (2016) glich Gouverneur Tarkin per CGI-Animation dem verstorbenen Peter Cushing und Prinzessin Leia der jungen Carrie Fisher.

Große Verantwortung

Dass Filmschaffende und Experten der Mediengestaltung bei solchen Projekten auch eine große Verantwortung gegenüber den Schauspielern beziehungsweise deren Erben tragen, liegt auf der Hand. "Ich denke, innerhalb der Filmbranche wird man damit sensibel umgehen", sagt Schopper – und verweist auf die "Digital Doubles", mit denen bereits in "Herr der Ringe" gefährliche Stunts am Computer generiert wurden. Die Darsteller mussten dafür ihr Okay geben. "Man kann den Stand der Technik nicht negieren, man muss sie aber immer wieder hinterfragen", meint Schopper dazu.

Marilyn Monroe, Heath Ledger, Romy Schneider oder vielleicht Skippy, das Buschkänguruh – wann hätte das Publikum wohl genug von Wiederauferstehungen im Kino? "Was letztlich zählt, ist die Qualität des Drehbuchs, der Geschichte. Ich kann mir als Filmemachender einen Film durchaus auch mit den Augen eines Zuschauers ansehen. Wenn der Effekt den Film bestimmt, finde ich es selten spannend", sagt Schopper.

Könnten Schauspieler am Set also bald überflüssig werden? Mag sein, dass es solche Überlegungen gibt, doch auf die Kreativität eines guten Darstellers wollen Zuschauer, Regisseure und Produzenten hoffentlich auch in Zukunft nicht verzichten.

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