Auf der Bühne in Nürnberg: Kapitän Nemo ist eine Frau

Nürnberg - Das Team des Gostner Hofthaters hat Jules Vernes Klassiker "Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer" dramatisiert. Um dem Geschehen einen gewissen Kick zu geben, wurde die reine Männerrunde um eine Frau erweitert.

Wetterwendisch, unergründlich, unauslotbar ist das Meer – und die Seele der Frau. Erst herrscht eitel Sonnenschein, im nächsten Augenblick bricht ein Orkan aus. Ein falsches Wort im richtigen Moment genügt. Des Meeres Tiefen bergen garstige Ungeheuer, zähnestarrende Haie, Kraken mit Würgetentakeln, Mollusken mit unaussprechlichen Kauwerkzeugen. Des Weibes Tiefen. . . na, lassen wir das.

Was die Gleichsetzung Frau und Meer soll? Nun, die Leute vom Gostner Hoftheater haben Jules Vernes Klassiker "Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer" dramatisiert. Und um dem Geschehen einen gewissen Kick zu geben, gaben Laurent Gröflin (Regie) und Christine Haas (Text und Dramaturgie) der reinen Männerrunde eine Frau bei. Kapitän Nemo erweist sich im Stück "Nautilus" als Kapitänin. Eigentlich müsste sie ja dann Nema heißen.

Jagd auf den Narwal

Zur Erinnerung: Ein Narwal versenkt 1867 Kriegsschiffe. Die US-Marine macht Jagd auf das Tier, doch die Fregatte geht im Kampf unter. Der Narwal entpuppt sich als das U-Boot Nautilus und nimmt die Überlebenden Professor Aronnax, seinen Diener Conseil und den Harpunier Ned Land an Bord. Fortan schippern die drei unter dem Kommando Nemos 20 000 Meilen unter Wasser um den Globus. Der Roman platzt schier vor wunderbaren Beschreibungen der Unterwasserwelt, von Schiffsfriedhöfen, punktet mit Abstechern zum Südpol und nach Atlantis. Wie bringt man das auf die Bühne?

Zwei schräge Ebenen dienen wahlweise als Boot und Bug, blaue Stoffröhren wandeln sich zu Flutwellen, Eisbergen, Tentakeln, Tauchanzügen und Notrutschen. So ist der Action bestens gedient. Für Untermalung sorgen Sturmmusiken von Richard Wagner bis Dschingis Khan, für die Lacher zur rechten Zeit Anspielungen auf maritime Meisterwerke wie "Titanic".

Johanna Steinhauser als Nemo gibt den Ton an und verweist die Leichtmatrosen auf ihre Plätze im Unterdeck. Der angebliche Menschenfeind, der im Roman nach und nach menschliche Qualitäten zeigt, wird bei Johanna Steinhauser zur rächenden Amazone. Tammo Winkler legt seinen Professor mit Brille und Mittelscheitel als nicht ganz der Pubertät entwachsenen Musterschüler an, Richard Henschel gibt einen überaus redseligen Berater ab, und allenfalls Thomas Witte als Ned vermag in seiner wortkargen Entschlossenheit Nemo die Stirn zu bieten.

Weniger die Frage, wer hier die Hosen anhat, als wann endlich was zwischen den Herren und der Gebieterin passiert, stellt sich dem Zuschauer. Und erotisch herrscht in "Nautilus" leider Flaute. So wird immerhin der Fluchttrieb der Männer nachvollziehbar . . .

Weitere Termine: 25./30.September sowie im Oktober. Kartentel. 09 11 / 26 15 10