Keith Sonnier-Ausstellung

Kunst, die leuchtet, im Neuen Museum Nürnberg

17.10.2021, 09:55 Uhr
Blick in die Ausstellung "Lightsome" im Neuen Museum.

© Günter Distler Blick in die Ausstellung "Lightsome" im Neuen Museum.

Stein, Metall und Holz, diesen klassischen Bildhauer-Materialien, hatte Keith Sonnier ein neues hinzugefügt: Neonröhren. "Er hat die Skulptur mit Licht um eine Dimension erweitert", sagt Sammlungsleiter Thomas Heyden über Sonniers Bedeutung in der Kunstgeschichte.

Sein Faible für Neon hielt ihn aber nicht davon ab, auch mit Schaumstoff, Satin oder Latex zu arbeiten. Hauptsache sinnlich.

"Er hatte keine Scheu vor dem Dekorativen und Schönen", betont Kuratorin Kristin Schrader. Über 60 Werke Sonniers hat sie aus seinem Nachlass, aus dem Kunstmuseum St. Gallen, der Tate in London sowie aus privaten Sammlungen für Nürnberg zusammengetragen.

Schon seit den Zeiten von Gründungsdirektor Lucius Grisebach hat das Neue Museum Sonnier im Bestand, darunter eins der formal strengen, minimalistischen Werke mit Glasplatten und Neonröhren, für die er so bekannt ist. Aber Sonnier konnte auch anders: Viele der nun gezeigten Werke aus sechs Jahrzehnten sind spielerisch, ja witzig. Da schlängeln sich Neonröhren an der Wand wie Nattern um die guten alten Glühbirnen, als wollten sie sagen: wir machen dir mit unserer Leuchtkraft den Garaus – und natürlich mit unserer Beweglichkeit!

Entspannung am Flughafen

Denn die Leuchtröhren lassen sich für Wandarbeiten zu Schnörkeln, Kreisen, schriftähnlichen Elementen oder comichaften Figuren und überhaupt allem formen, was man auch zeichnen kann. Sie dienten Sonnier zudem als Material für Objekte, und gerne bespielte er mit seinem Kunstlicht ganze Gebäude wie das Kunsthaus Bregenz oder die Nationalgalerie in Berlin.

Bei Neon, das im Alltag von LED verdrängt wird, denkt man an Werbung, an Pop-Art. Doch damit hatte der 1941 geborene Amerikaner nichts am Hut. Vielmehr ging es dem Landei aus Louisiana darum, Stimmung und Atmosphäre, Raum und Volumen zu erzeugen. Spiegelnde Flächen sind bei ihm oft die Spielpartner der Lichtröhren und verstärken deren Effekt.

Die vielen Symmetrien in seinen Arbeiten, sagt Schrader, seien inspiriert von den gefluteten Reisfeldern seiner Heimat, in denen sich Landschaft spiegelt, wo die Luftfeuchtigkeit hoch und das Licht dunstig ist. Wohl deshalb kommen seine Werke bei aller Strahlkraft nie schreiend, sondern eher leise heimleuchtend daher.

"Lichtweg" am Flughafen

Sie sollen, so wünschte er es, zur Entspannung dienen. Etwa am Münchner Flughafen. Dort realisierte Sonnier 1992 sein größtes Werk: einen 1,2 Kilometer langen "Lichtweg" für strapazierte Passagiere, die das Licht wie eine bunte, wärmende Decke umfängt.

Auch Sonnier selbst war viel auf Reisen. Er ging aus der Kleinstadt Mamou im tiefen Süden der USA ins pulsierende New York, um sich dann lange und regelmäßig auf Haiti und Bali, in Brasilien oder Indien aufzuhalten, dort in anderen Kulturen und mit ortsspezifischen Materialien zu arbeiten. Bambus-Werke in der Ausstellung greifen das auf.

Zeitungen als Teil der Kunst

Während seine Kollegen Mal- oder Meißeltechniken perfektionierten, setzte sich Sonnier mit Technik an sich auseinander. Und damit, wohin sie führt. Der Bilderflut zum Beispiel. Fast 50 Jahre ist eine seiner Videoarbeiten alt, die das Neue Museum besitzt. Sie gilt als ein Schlüsselwerk und wird oft als Leihgabe für Ausstellungen weltweit angefragt.

Das Alter sieht man ihr nicht an, denn was da auf vier Bildflächen parallel und verfremdet läuft, ist das aktuelle TV-Programm von vier Sendern. Für weitere Medienarbeiten bieten Zeitungen – im konkreten Fall auch die Fürther oder die Nürnberger Nachrichten – eine bei jedem Aufstellungsaufbau immer wieder aktualisierte Folie für politische Themen.

Das kostet Strom!

Klar ist: Das große Thema Energiesparen und Klimaschutz muss man in dieser Ausstellung, wo fast jedes Werk an der Steckdose hängt, geschmeidig verdrängen. "Lightsome" ist der Titel der sehr sehenswerten Schau, der sich zum einen auf die Lichtarbeiten bezieht. Das Wort lässt sich mit "heiter", "unbeschwert", "freundlich" übersetzen. "Eigenschaften, die auf den offenherzigen Menschen Sonnier zutreffen", sagt Heyden. Und auf seine Kunst, die zum Baden in Licht einlädt. Wohltuend!

Neues Museum, Klarissenplatz, Nürnberg: "Keith Sonnier. Lightsome", bis 6. Februar, Di.-So. 10-18, Do. 10-20 Uhr. www.nmn.de

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