Kunsterfahrungen im Dialog

11.4.2011, 00:00 Uhr
Kunsterfahrungen im Dialog

© Stadt Schwabach

Eines kann man den äußerst unterschiedlichen Aktionen in Fürth, Nürnberg, Schwabach und Erlangen nicht vorwerfen: Dass sie den Dialog mit den Besuchern scheuen. Auffällig viele Installationen und Performances sind auf Interaktion ausgelegt, wer neugierig ist, wird üppig belohnt. Hemmschwellen überschreiten die Besucher dabei offenbar willig.

Etwa in Isi Kunaths „Heureka!“-

Kiste auf dem Erlanger Schlossplatz: Außen sind Merksätze kluger Köpfe aufgedruckt, von Computer-Erfinder Konrad Zuse über Freud bis Rilke. Kunath weist in ihrem improvisierten Treffpunkt deutlich darauf hin, dass „trockene“ Wissenschaft mindestens ebenso zur Kreativität gezählt werden muss wie scheinbar zielfreie Kunst: „Ohne die Wissenschaft und Technik wie Computer und Fotografie wäre Kunst sowieso nicht möglich!“, betont die Künstlerin, die sonst vor allem Installationen und Fotografie in ihren Werken kombiniert.

Prompt trauen sich etliche Wissenschaftler aus der Uni-Stadt in ihren Container und fangen heiße Diskussionen an, über die Idee an sich und den kreativen Akt der Wissenschaft.

Ähnlich aktive Menschen brauchen Johannes Volkmann und Jörg Amo-nat als Bewohner der „auratischen Stadt“, die Lebensqualität abseits der Konsum-Quote neu definieren will: Die Künstler verteilen Pappschachteln, in die jeder seine Ideen von Lebensqualität schreiben oder legen kann: vom Wohnen in der Wagenburg über das Leben ohne Geld bis zur Liebeserklärung an die Stadtbibliothek oder die „Charakterstadt“ Erlangen (weil sie so viele Fahrradfahrer hat) reicht bisher das Spektrum, das im Rathaus ausgestellt wird.

Eines ist klar: „Made in...“, das Festival, das sich die etwas hohle Formel von der „Kreativlandschaft“ zum Thema gesetzt hat, kitzelt die Auseinandersetzung mit der eigenen Wahrnehmung heraus. Auch in Schwabach, wo das „Tauschmich“-Regal im neuen Bibliotheks-Foyer zum Bücher-Ablegen und -Mitnehmen einlädt und die durchsichtigen „Kulturbeutel“, die verteilt wurden, nun mit ganz individueller Füllung zurückkommen. Man lernt: Der eine steckt Zigarette und Magenbitter ein, wenn er auf virtuelle (Kultur-)Reise geht, eine andere

hält Herzchen-Tanga, Tabletten oder eine Musik-CD für unentbehrlich. Am Ende des Festivals sind die Beutel-Einsender zum gemeinsamen Gespräch über ihren individuellen „Kultur“-Begriff eingeladen. Es könnte spannend werden.

Neue Blickwinkel gibt es auch in Fürth: Die aufgelassene Kinderklinik ist zu „CLINC“ verwandelt, zwischen alten Fensterbildern von Mäuschen und Bärchen finden sich nun witzige oder verstörende Installationen, etwa ein Riesenkäfer à la Kafka, der düster in einem Rollstuhl neben dem zerwühlten Krankenbett sitzt. Der Gegensatz von hygienisch riechenden Krankenzimmern und vielseitigen Kunstprojekten ist absolut sehenswert.

Ein Volltreffer war auch „Lets talk about Money“ im Kulturforum Fürth, eine Mischung aus Tanztheater und Speed-Dating von Choreograf Thomas K. Kopp, bei dem es um das durchaus schwierige Thema „Geldverdienen mit Kultur“ ging.

In Nürnberg konzentriert man sich ebenfalls auf den Wirtschaftsfaktor Kreativität, bringt Geld und Kunst zusammen in Dialogen, Partys und Symposien. Das ist bisher weniger massentauglich als in den anderen Städten, könnte aber dafür nachhaltiger wirken. Am Abschluss-Wochenende sollen noch Exkursionen in den Stadtwesten locken. Vernetzung aller Arten von Kreativität heißt die Devise hier wie anderswo. Auch wenn’s ein wenig Mühe macht: Viele der Festival-Aktionen wecken Lust auf Neuentdeckungen. Dialog stets erwünscht.