Machtspiel zwischen Mann und Frau

15.4.2019, 11:35 Uhr
Machtspiel zwischen Mann und Frau

© Jochen Quast

Die beiden sind auf der Bühne von Christian Blechschmidt eingesperrt in eine gelbe Kiste ohne Ausgang. Auch der Zuschauerraum ist abgetrennt durch Gaze – allein zu zweit sind also Dozent und Studentin, sie schüchtern und ohne Selbstbewusstsein, er fahrig, abgelenkt durch penetrante Anrufe seiner Frau.

Denn auch diesem in dem Moment mächtigen Mann entgleiten die Fäden: Es ist nicht sicher, ob er seine ordentliche Professur erhält, davon hängt ab, ob er das Haus für seine Familie kaufen kann, er verhandelt am altmodischen grünen Telefon, das später in x-facher Ausführung als Menetekel an der Wand hängt. Regisseur Jakob Arnold macht das Telefon zur Metapher für die Überheblichkeit des Dozenten gegenüber der Frau, die da ratsuchend im kurzen Rock vor ihm sitzt und an ihrer Begabung zweifelt.

Oder ist es ganz anders und die Schülerin hat den Lehrer von Anfang an im Visier, will seine Lebensperspektive zerstören, will Rache dafür, dass er vor ihr steht in der ungeschriebenen Rangliste der Gesellschaft?

Das Stück lässt das spätestens ab der Mitte offen, denn da beginnen sich die Szenen zu wiederholen, spielen die beiden ihre Dialoge in Varianten mit unterschiedlichem Temperament und in unterschiedlicher Beleuchtung – im doppelten Wortsinn. Hat er sie tröstend an der Schulter berührt oder übergriffig umarmt? War er aggressiv oder nur nervös?

Dass solche Szenen immer zwei Interpreten haben, dass Frau und Mann sie völlig unterschiedlich wahrnehmen, aber auch für ihre jeweiligen Zwecke umdeuten können, macht die Inszenierung mal subtil, mal direkt deutlich.

Aus dem schüchternen Mädel, dessen Problem der Professor nicht begreift oder begreifen will ("Ich habe Ihr Buch gelesen, aber ich verstehe es nicht") wird eine Hyäne, die sich nicht nur auf sich selbst, sondern auf ihre "Gruppe" bezieht, keine Zweifel an ihrer Version der Ereignisse zulässt und die Machtverhältnisse umdreht bis zur Eskalation.

Hermann Große-Berg und Janina Zschernig legen ihre Figuren intelligent, auch witzig an. Der entscheidende Punkt, der zur Umkehr des Machtgefälles führt, kommt aber unter die Räder. Vielleicht findet er aber auch immer nur in den Köpfen statt. Langer Applaus.

Aufführungen am 10./11. Mai, 30. Juni, Karten-Telefon 0 91 31/86 25 11.

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