"Man Of The Woods": Timberlake ist jetzt Naturfreund

2.2.2018, 10:48 Uhr
Macht jetzt auf Waldarbeiter: Justin Timberlake.

© Amy Harris/dpa Macht jetzt auf Waldarbeiter: Justin Timberlake.

Die ziehen das hier echt durch mit dem Wald. In der riesigen, normalerweise leeren Veranstaltungshalle in Manhattan haben sie eigens für den Abend Bäumchen und Sträucher aufgestellt. Und so flanieren die Geladenen auf ihrem Weg von Bar zu Bar durch eine urbane Laublandschaft, während die dazugehörigen Tiere auf Tabletts serviert werden.

René Redzapi, der Küchenchef des Kopenhagener Restaurants "Noma", serviert fermentierten schwarzen Knoblauch mit Ameisenglasur, getrocknete Beeren an püriertem Schweinebauch und Pfannkuchenbällchen mit Grashüpferpaste. Alles wirklich lecker.

Popstar im Gartenbauamt-Look

"Wahnsinn, Leute, ihr habt den Wald nach New York gebracht", ruft ein strahlender Justin Timberlake, als er den Raum betritt und fordert, man möge sein neues Album nun sehr laut abspielen.

Timberlake (37) kommt in Begleitung seiner Frau, der Schauspielerin Jessica Biel. Er trägt Camouflage-Buchse, Flanellhemd, Jeansjacke und eine rote Wollmütze, sieht also hundertprozentig so aus wie ein Mitarbeiter des Gartenbauamts, und genau das ist ja auch die Idee.

"Wilder Westen, bloß heute"

"Man Of The Woods": Das fünfte Solo-Werk des ehemaligen Teeniestars, sein erstes seit "The 20/20 Experience" von 2013, soll schließlich verkauft werden als Timberlakes Zurück-zur-Natur-Album. Auf aktuellen Pressefotos kniet er in der Prärie, im Hintergrund Pferde und die Berge Montanas.

Im Trailer zum neuen Album wetzt er durch den Schnee, während Jessica Biel die neue Platte als "Wilder Westen, bloß heute" beschreibt. Als dann noch vor Wochen bekannt wurde, dass Timberlake ein Duett mit Chris Stapleton, dem zurzeit erfolgreichsten Countrysänger der USA, auf dem Album hat, dachten alle: Der Justin macht jetzt also eine Country-Platte.

Heimeliges Klanggefühl

Nur: "Man Of The Woods" ist alles Mögliche, eine Country-Platte ist es ganz sicher nicht. Macht nichts. Was man bekommt, ist der mutige, bisweilen auch überambitionierte, auf 16 Songs verteilte Versuch, mit modernsten Produktionsmitteln ein irgendwie heimeliges Klanggefühl zu schaffen. Die Soul-, Gospel- und R&B-Einflüsse aus Timberlakes Heimat Tennessee, so der Plan, sollten gekreuzt werden mit futuristischem Funk und Sounds, die zugleich erdig und innovativ sein sollten.

"Man Of The Woods" ist kein einfaches oder besonders zugängliches Album, ein kristallklarer Hit wie "Can’t Stop The Feeling" (2016) ist nicht dabei. Doch es ist Timberlake hoch anzurechnen, dass er es sich während der gut zweijährigen Produktionsarbeit nicht leichtgemacht hat.

Zusammen mit seinem Spezi Tim Mosley sowie The Neptunes, dem Produzententeam um Pharrell Williams, reitet Timberlake durch eine Klanglandschaft, die sich mit gängigen Genrebezeichnungen nicht festzurren lässt.

Besonders stark geraten ist die housig-heftige Disco-Nummer "Midnight Summer Jam". Im langsameren Titelsong mag man Anleihen an George Michaels "Faith" erkennen, "Supplies" klingt dunkel, hart und erfrischend unkommerziell.

Weinstein meucheln, Allen aber nicht?

Die Mitte des Albums hängt dann aber ziemlich durch, weder das bekifft klingende "Wave", noch das Duett mit Alicia Keys oder jenes mit Chris Stapleton können überzeugen. "Montana" macht dann wieder Spaß, "The Hard Stuff" packt einen mit akustischer Gitarre und emotionalem Inhalt, und abschließend brabbelt Justins kleiner Sohn im poppigsten Song "Young Man" dann auch noch selbst.

Die ganze Album-Kampagne ist nicht frei von Widersprüchen. Im Video zu "Supplies" schaut Timberlake Bildmaterial zu Harvey Weinstein, Donald Trump und dem "Women’s March" an, um anschließend als Kämpfer der Apokalypse das Böse zu meucheln.

Zugleich verweigert er zu Woody Allen, dem sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen wird und in dessen aktuellem Film "Wonder Wheel" Timberlake eine Hauptrolle spielt, jeden Kommentar. Vielleicht wäre er gut beraten, Feminismus nicht nur zu promoten, sondern auch zu leben.

Aktuelles Album: Justin Timberlake, "Man Of The Woods".

"Superbowl"-Auftritt am 4. Februar

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