Museen sind Orte lebendiger Diskurse

30.7.2020, 13:40 Uhr
Dr. Anabelle Hornung freut sich auf neue Herausforderungen im Museum. Foto: Berny Meyer

© BERNY Dr. Anabelle Hornung freut sich auf neue Herausforderungen im Museum. Foto: Berny Meyer

Frau Hornung, ankommen als Museumsleiterin in Zeiten von Corona, wie war das für Sie? Die Pandemie und der daraus resultierende Shutdown war für alle Institutionen im Kultur- und Bildungsbereich ein großer Schock, auf den niemand vorbereitet war. Das habe ich auch bei meinem bisherigen Arbeitgeber, der Frankfurter Uni, so erlebt. Als ich Anfang Juni nach Nürnberg kam, hatte das Museum gerade wieder geöffnet, mit ausgefeiltem Hygienekonzept und neuer Besucherinnenführung, die gut funktioniert. Insofern hatte ich trotz Corona einen guten Start.

Gab es auch positive Aspekte in der Krise? Meiner Meinung nach hatten Institutionen wie die Museen für Kommunikation in Nürnberg, Berlin und Frankfurt, die schon vorher eine gemeinsame digitale Strategie verfolgt haben, einen Vorteil. Sie konnten relativ schnell Angebote im Netz machen und so ihre Besucherinnen binden oder neue erreichen. Ich habe schon aus Frankfurt verfolgt, was hier während der Schließung alles gelaufen ist. Vor allem die vielen Angebote für Kinder und Jugendliche haben eine große Resonanz erfahren. Auf diesen Erfahrungen können wir jetzt aufbauen.

Was planen Sie für die Zukunft? Für mich sind Museen Orte der Diskussion und des gesellschaftlichen Diskurses. In Nürnberg möchte ich neue Debatten-Formate entwickeln, die unser Kernthema Kommunikation reflektieren, und die Begegnung von Menschen, die unterschiedlicher Meinung sind, befördern. Corona bedeutet leider einen großen Rückschlag für partizipative Angebote im Ausstellungsbereich, deshalb will ich daran arbeiten, dass die Besucherinnen wieder alle unsere interaktiven Stationen nutzen können – oder dass es digitale Ersatzangebote gibt. Besonders liegt mir die Begegnung mit den originalen Objekten am Herzen, das ist eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale von Museen. Historische Vermittlungsanlagen oder die Rohrpost können Sie in Nürnberg nur bei uns in Funktion erleben.

Auf was können sich Besucherinnen in diesem Jahr noch freuen? Im Moment hängt vieles davon ab, wie die Entwicklung rund um Corona verläuft. Wird es einen zweiten Shutdown oder weitere Lockerungen geben? Ab wann können Schulklassen wieder ins Haus kommen? Aktuell haben wir seit Ende Juni damit begonnen, wieder öffentliche Führungen für kleine Gruppen anzubieten. Wir hoffen, diese Angebote ausweiten zu können. Gleiches gilt für Kurse, etwa zur Smartphone-Nutzung. Auch unsere Vortragsreihe Daten-Dienstag wird am 21. Juli in digitaler Form wieder beginnen. Persönlich hoffe ich auch, dass der Christkindlesmarkt stattfinden kann – und wir alle endlich wieder Postkutsche fahren können.

Wird es auch eine neue Ausstellung geben? Ab November werden wir die hoch- aktuelle Schau #neuland: Ich, wir & die Digitalisierung aus unserem Frankfurter Schwestermuseum übernehmen und mit Nürnberger Aspekten sowie einem umfangreichen Begleitprogramm anreichern. Damit wollen wir auch den Digitalisierungsschub reflektieren, den die Gesellschaft und auch Kulturinstitutionen wie Museen aktuell erfahren haben. Gleichzeitig wollen wir unsere Angebote zum Thema Medienkompetenz, die ja wichtiger denn je ist, ausweiten. Daneben arbeiten wir an der Weiterentwicklung unserer ständigen Präsentation, etwa im Bereich der Massenmedien.

Ihre Vorgängerin Marion Grether leitet jetzt das Deutsche Museum Nürnberg, das zum Jahresende öffnen wird. Sehen Sie das als Konkurrenz? Zunächst will ich sagen, dass ich es großartig finde, wie Marion Grether das MKN geleitet hat. Sie hat tolle Ausstellungen kuratiert und viele innovative Veranstaltungen vom Public Viewing bis zum Science Slam oder dem Daten-Dienstag ins Haus geholt. Aber Konkurrenz? Das Deutsche Museum Nürnberg legt seinen Fokus konsequent auf Zukunftsthemen und versteht sich als Diskussionsforum über innovative Trends und Entwicklungen, dazu gehört auch die Kommunikation.

Was macht das Museum für Kommunikation anders? Wir betrachten auch die historische Perspektive und fragen, wie die Reflexion der Mediengeschichte uns beim Nachdenken über heutige Mediennutzung helfen kann. Dabei setzen wir auf die Aussagekraft unserer Objekte wie Telefone, Fernseher oder Computer. Ich bin sicher, wir werden uns ergänzen und bestimmte Fragestellungen gemeinsam, aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten können. Ich freue mich über diese Stärkung des Museumsstandorts Nürnberg, speziell im Bereich der technisch-kulturgeschichtlichen Museen.

Wie kommunizieren Sie selbst am liebsten? Ich telefoniere sehr gerne, schicke Sprachnachrichten oder twittere. Am liebsten ist mir jedoch noch immer das persönliche Gespräch, bei dem man sich in die Augen sieht.

https://www.mfk-nuernberg.de/

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