Nürnberg als Zentrum für moderne Spraykunst

9.9.2009, 00:00 Uhr
Nürnberg als Zentrum für moderne Spraykunst

© privat

Herr Riedel, was unterscheidet die moderne Spraykunst von den Graffiti in unseren Städten - außer der Tatsache, dass Ihr Wirken legal ist?

Diethard Riedel: Die Mitglieder unserer Gruppe kommen von klassischen Medien, haben mit Pinsel und Ölfarbe gemalt und nie einen Tupfen auf eine Wand gesetzt. Wir haben auch nicht die Formensprache des Graffiti und dessen subkulturelle Bindung, sondern sind Künstler, die für Galerien, Museen, den privaten und nicht vordergründig für den öffentlichen Raum Kunst machen.

Was ist für einen Künstler reizvoller an einer Farbdose als an Pinsel und Ölfarbe?

Riedel: Das Einzigartige ist der Sprühnebel. Damit gelingt es, Dinge zu malen, die man mit herkömmlichen Öl- oder Aquarellfarben nicht darstellen kann. Das erreicht man allenfalls mit Sieben oder aufwändigen Drucken. Mit der Spraydose hat man im Vergleich zum Pinsel oder Stift außerdem keinen direkten Kontakt zum Bildträger, sondern einen Sprühabstand.

Das heißt, es ist mehr Zufall im Spiel als bei der klassischen Malerei?

Riedel: Wenn man in Innenräumen arbeitet, kann man das sehr kontrolliert tun. Ich arbeite aber vorwiegend im Freien, weil das einfach gesünder ist. Dann lässt natürlich jeder Windhauch die Farben ein bisschen fliegen. Insofern ist es schon ein bisschen zufälliger als bei der klassischen Malerei.

Graffiti setzen ja meist auf beeindruckende Größe. Wenn Sie auf Papier und Leinwänden arbeiten, ist das für Sie also kein Thema?

Riedel: Wir machen genau das Gegenteil von Graffiti. Wir setzen nicht auf schiere Größe. Die kleinsten Bilder in der Ausstellung sind nur fünf mal fünf Zentimeter groß.

Warum arbeiten bislang nur wenige Künstler mit der Spraydose?

Riedel: Das liegt am Graffiti, mit dem viele Berührungsängste haben und sich nicht auf eine Stufe stellen wollen. Genau da wollen wir raus und zeigen in der Ausstellung Beispiele dafür. Die Spraydose ist das jüngstes Farbmedium in der Malerei. Aber im Moment vereinnahmt das Graffiti noch die ganze Spraykunst.

Es gilt für Sie also, das Image der Spraykunst zu verbessern?

Riedel: Ja. Es gibt vereinzelt Leute, die künstlerisch mit der Spraydose arbeiten, aber es gibt noch keine Bewegung dafür, kein Portal, kein Sammelbecken, um diese Bewegung stärker zu transportieren. Das wollen wir versuchen mit Ausstellungen, Festivals und einem Kunstpreis.

Ausstellung der «Modern Spray Art Group« in der Galerie Treppenhaus, Henkestr. 91, Erlangen. Live-Spray-Aktion morgen, 16 Uhr, Vernissage um 19 Uhr. Bis 8. Oktober, Mo.–Do. 9–20, Fr. bis 19 Uhr.