Pop-Ikone Bonny Tyler in Nürnberg

9.11.2016, 17:19 Uhr
Pop-Ikone Bonny Tyler in Nürnberg

© Foto: Draminski

Dass die 1951 als Gaynor Hopkins geborene Waliserin sich das Gesicht chirurgisch hat glätten lassen, ist ihr einen ironischen Halbsatz über die Segnungen von Botox wert. Ihre Stimme durften die Ärzte nicht antasten – und das war auch gut so. Denn das Sandpapier-Organ ist immer noch Bonnie Tylers wichtigster Habenposten und Alleinstellungsmerkmal.

Warum man sich eine ältere, schon lange nicht mehr sonderlich schlanke Dame dabei anschauen und anhören sollte, wenn sie Popschlager aus den siebziger bis zu den neunziger Jahren singt? Weil Bonnie Tyler vielen ihrer Nachfolgerinnen mit großer Lockerheit vormacht, wie Entertainment funktioniert. Und wie man einen Saal mit Repertoire rockt, das eigentlich längst nur noch in den Oldie-Radiosendern aufs Programm kommt.

An sich ist die Zeit für Herzschmerz-Schmuse-Schleicher wie „Lost in France“ oder „It’s a Heartache“ längst vorbei. In den 1990er Jahren, die sowieso eine Reihe von mehr oder weniger gelungenen Comebacks erlebten, war die Seventies-Pflanze Bonnie Tyler der Erinnerung nach das letzte Mal auf oberen Chartspositionen zu finden. „Bitterblue“, geschrieben übrigens vom deutschen Pop-Zampano Dieter Bohlen, füllte die Kassen im Hause Tyler. Der Versuch, 2013 beim European Song Contest etwas zu reißen, endete dagegen mit einem der hinteren Plätze.

Das Erreichen der magischen 65 ist für Tyler dennoch kein Grund, der Bühne Lebewohl zu sagen – und beim Konzert in Nürnberg kommt auch nicht das Gefühl auf, einer Pop-Rentnerin bei der Arbeit zuzuschauen. In Deutschland weiß sich die Sängerin einer großen Fangemeinde sicher. Einer verlässlichen Basis, die inzwischen ihre Kinder und Enkel mit ins Konzert bringt, um gemeinsam mit ihnen an Ohrwürmern Spaß zu haben, die wohl jeder Mensch kennt, der im Besitz eines Rundfunkempfängers ist.

Dass das Tyler-Publikum in der Regel gut gelaunt und für eingängige Musik immer zu haben ist, bekommt in Nürnberg auch die 22-jährige Countrysängerin Vanessa von der Forst alias „Van de Forst“ zu spüren. Samt Gitarrenpartner Michael Voss darf sie als Vorgruppe mit glockenklarer Elfenstimme sanfte Lieder kredenzen und bekommt begeisterten Applaus.

Bonnie Tyler braucht bei diesen so dankbaren wie fröhlichen Zuhörern etwa anderthalb Songs, bis alles steht, zum Bühnenrand drängt und diesen Platz bis zur letzten Zugabe nicht mehr verlässt. Die kommt nach fast 100 Minuten in Gestalt der Bombastrock-Nummer „Holding out for a Hero“, bei der es selbst Bonnies zuvor eher routiniert denn inspiriert agierende Band noch einmal richtig krachen lässt. Rentner-Tanztees klingen irgendwie anders. . .

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