Rock'n'Roll statt Lesung: Thees Uhlmann in Erlangen

1.9.2020, 16:59 Uhr
Thees Uhlmann war mit Liedern und launigen Ansagen über die Liebe und laichende Lachse auf der Kulturinsel Wöhrmühle zu erleben.

© Harald Sippel, NN Thees Uhlmann war mit Liedern und launigen Ansagen über die Liebe und laichende Lachse auf der Kulturinsel Wöhrmühle zu erleben.

Berlin kann jeder, sagt Thees Uhlmann: "Aber in Erlangen wird der Punk heiß". Sprüche sind das. Sprüche, "Digger". Aber gut, lassen wir ihm die lockere Lippe im Sonnenuntergang auf der Erlanger Kulturinsel Wöhrmühle. Am Vorabend war der norddeutsche Sänger noch in der Schweiz, jetzt am Tor zur Fränkischen. Und der Nightliner, das sei quasi ein rollender Pub. Ob ihn jemand zufällig nachmittags durch die Fußgängerzone laufen habe sehen, einen Fernseher unterm Arm? Beim Aufstehen im Tourbus habe er versehentlich einen zertrümmert und somit einen neuen besorgt.

Hey, Thees Uhlmann, das klingt ja richtig nach Rock’n’Roll. Mit Inventar zerschlagen und so. Fast wie die in den 60er Jahren. Nur mit dem Unterschied, dass auch Indie-Rock zu Corona-Zeiten eben dezibelbegrenzt draußen stattfinden muss und so ein Akustik-Trio leider schnell poppig verschlagert, was drinnen mit der Band noch als energiegeladener Strom-Schlag rausgeht.

Bierchen im Tourbus?

Seinen hörenswerten Texten kann das nichts: „Das Leben ist kein Highway – es ist die B 73“ heißt es in einem neueren Song in Richtung seiner alten Heimat Hemmoor. Ja, noch immer steckt das norddeutsche Tier in ihm, na klar. Wobei: Wirklich klar?

Denn wo hört schwarzer Humor auf und wo fängt Fahrlässigkeit an? Beim Bierchen hinten im Tourbus oder beim Weißwein auf der Bühne? Bei der weiteren Wiederholung des gleichen Gags (Gitarre nicht gestimmt, für Erlangen taugts) oder bei seiner dringend benötigten Zigarette auf der Bühne, verbunden mit der überraschenden Ankündigung, die in Aussicht gestellte Lesung aus seinen Büchern lasse er jetzt weg.
Gut, wer wollte, konnte Uhlmanns den Umständen entsprechend engagiert vorgetragene Kumpelanekdoten als Trostpreis kapieren: Die Toten Hosen kamen vor, Vatergespräche mit seiner Tochter und das Erlebnis, in der Kirche seiner Heimatstadt eine Sexszene vorgelesen zu haben.

Wechselbad der Gefühle

Dass dieser Jeansjackentyp das Zeug zum Sympathieträger hat, ist unbenommen. Nur, war er nicht eigentlich als Musiker und zur Lesung hier? In zu langen, zu launigen Ansagen verpuffte die Zeit. Wo hört Unterhaltung auf und wo fängt Ärger an, wenn einer ins Publikum raunzt: „Besser meine schlechte Laune als eure gute, Erlangen“.

Nicht nur die Songs des Ex-„Tomte“-Sängers beschrieben ein Wechselbad der Gefühle. Cover von den Toten Hosen („Liebeslied“) und Kettcar („48 Stunden“) gingen gut in die Ohren, etliche von Uhlmanns Songperlen an der Regnitz auch: „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach Hiphop-Drehs nach Hause fährt“. Knapp zweieinhalb Stunden später sein Hit: „Die Lachse ziehen zum Laichen und Sterben den Fluss hinauf“. An einem Abend, der eher den Bach runter ging.

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