Romantische Gefühle

11.3.2016, 19:02 Uhr
Romantische Gefühle

© Reiner Pfisterer

Romantische Gefühle

© Ludwig Olah

Es zeugt schon von einer netten Prise Humor, wenn man ein Recital mit den Worten eröffnet „Und bei dem Säuseln schlummre ich ein“, um es am Ende mit einem (freilich sehr schönen wie eingängig schlichten) „Wiegenliedchen“ zu beenden. Aber wer das PMV-Publikum kennt, weiß, geschlafen wird da keineswegs. Hellwach und leider etwas übersteuert in den Hörgeräten verfolgte das Auditorium das Geschehen.

Technik und Musik

Beide Vertonungen stammen von Hans Sommer, einem Zeitgenossen von Johannes Brahms, der seinen Weg als Naturwissenschaftler und Techniker ging. Seine eigentliche Passion galt aber der Musik, wo er sich in etlichen Genres tummelte. Zwei seiner elf Opern hob der um einiges jüngere Richard Strauss aus der Taufe.

Sommer, für dessen Wiederentdeckung sich Kupfer künstlerisch wie discographisch intensiv einsetzt, hinterließ vor allem rund 200 Lieder: mit sicherer Hand gezeichnete Miniaturszenen, die absolut der Tonalität verpflichtet sind, sich ganz in den Dienst des Wortes stellen, aber kaum dramatische Akzente enthalten. Der Sänger hatte vier Gesänge auf Eichendorff-Texte und den Zyklus „Letztes Blühen“ nach Gedichten des von Sommers Zeitgenossen durchaus geschätzten Prinzen Emil von Schönaich-Carolath gewählt.

Man muss es ganz ehrlich sagen: Als Bereicherung des Repertoires haben sie ihren Wert. Der direkte Vergleich mit Gustav Mahler, Richard Strauss und vor allem Hugo Wolf ist jedoch gefährlich, weil sich ein Klassenunterschied stark bemerkbar macht. Zumal die beiden Künstler auch noch Spitzenwerke der Gattung wie Mahlers Rückert-Vertonungen, Wolfs „Rattenfänger“ oder Richard Strauss‘ „Morgen!“ vorbereitet hatten.

Kupfers balsamisch-sonore, kräftig gerundete Stimme ist ein tragfähiges Fundament, seine deklamatorische Präsenz spricht für sich. Mit stupender Atemtechnik zaubert der Kammersänger fulminante Legato-Linien hervor und weiß um die Wirkung, wenn er intime (Schluss-)Momente in die Kopfstimme überführt.

Großer Opernton

Jedoch sollte er die lyrischen Preziosen weniger im aufgepumpten Opernton angehen. Das vertragen noch am ehesten Balladen (wie Wolfs atemlos-aufgeregter „Feuerreiter“), weniger die metaphernreichen Gedichtvertonungen .

Natürlich braucht die Oper oft den dicken Farbstrich. Das Lied darf fragiler und weniger selbstgewiss sein, sonst stellt sich zuweilen ein Überpathos ein wie in der zugegebenen und leider etwas verschleppten „Zueignung“ von Strauss.

Marcelo Amaral verlebendigt sensibel am Flügel die instrumentale Kulisse in der nicht eben leicht herzustellenden Balance aus diskreter Stichwortgabe, illustrierender Klangmalerei und kommentierendem Widerpart. Sein Spiel ist ausgesprochen nuanciert. So mündet der Sologesang in intensives dialogisches Miteinander, für das es lang anhaltenden Beifall gab.

Nächstes PMV-Konzert: 20. April, Signum-Quartett und Nils Mönkemeyer (Bratsche); Infos: www.privatmusikverein.de

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