Schlaflos in Brooklyn

20.6.2013, 13:18 Uhr
Schlaflos in Brooklyn

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Wie geht man damit um, wenn einem jeden Abend aufs neue eine fremde Hand auf die Schulter klopft? Wenn einen die Meinungsmacher von New York über Paris bis Berlin zum next big thing des Indie-Rock hochschreiben und zur Führungskraft im Melancholie-Pop erklären, die mal eben so die Lücke der verblichenen R.E.M. füllen soll - sofern man das als erstrebenswertes Ziel betrachtet.

Man konnte sich vor dem neuen Album also wirklich ein wenig Sorgen machen um diese sensiblen Thirty- und Fourty-Somethings, die in den letzten Jahren nur wenig Zeit für ihre Familien hatten, die nur selten in ihrem eigenen Bett schlafen konnten - zumal schon der Vorgänger "High Violet" im Vergleich zu den Meisterwerken "Alligator" und "Boxer" etwas blass daher kam.

Tatsächlich ist "Trouble Will Find Me" vor allem eines geworden: ein Album, das sich nicht nach all dem Fuzz anhört, der um die Band gemacht wird; nicht nach dem feuchten Händedruck am Ende einer Late-Night-Show und natürlich auch nicht nach R.E.M.. The National klingen erstaunlicherweise gelassener denn je, nicht nach dem Tour-Stress und auch nicht wie eine Band, die versucht, mit Aktionismus dem Hype Nahrung zu geben.

Im Gegenteil: "Trouble Will Find Me" klingt so, als seien The National angekommen; als wären sie bei ihrem sechsten Album zum ersten Mal ganz bei sich selbst. Das hat zur Folge, dass sich die 13 neuen Songs Im ersten Moment ein wenig nach Routine anhören, nach einer leichten Variation der altbewährten Formel, fast schon, nunja, langweilig. Doch wer genau hinhört, entdeckt auch neue Elemente in diesen traurig-schönen Rotwein-Balladen.

Die lauten, extremen Momente haben The National inzwischen vollständig verbannt. Dafür ist der markante Bariton von Matt Berninger nun deutlich facettenreicher, die Geschichten, die er erzählt, plastischer, das dadurch entstehende Kopfkino fantastischer. Auch deshalb sind wohl zum ersten Mal die Texte im Booklet abgedruckt - bislang hatte sich Berninger dagegen immer verwehrt. Das kraftvolle Schlagzeug und die verspielten Piano- und Gitarren-Noten tun dann ihr übriges, damit "Don't Swallow The Cab", "Fireproof", "Sea of Love", "This Is The Last Time" oder "Pink Rabbits" nach dem fünften Hördurchgang nicht bloß als gute Songs dastehen, sondern als zeitlose Hits. Es wird Zeit, wieder auf Tour zu gehen.

Unsere Bewertung: 8 von 10 Schallplatten

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