Stanisic konkretisiert Kritik an Nobelpreis für Handke

17.10.2019, 16:58 Uhr
Stanisic konkretisiert Kritik an Nobelpreis für Handke

© Andreas Arnold, dpa

Der frisch gekürte Buchpreisträger hat allen Grund, die Entscheidung der Nobel-Jury anzuzweifeln: Stanišic, Sohn einer bosnischen Mutter und eines serbischen Vaters, kann beschreiben, „was Peter Handke in seinen Texten nicht beschreibt“, wie er sagt: Die Angst, die Bedrückung, dass er allein aufgrund seiner Herkunft mit seiner Familie seine Heimatstadt Višegrad verlassen musste – unter dramatischen Umständen. Kurz danach wurden Menschen misshandelt, erschossen, massenweise vergewaltigt. Peter Handke wollte das nicht sehen. 

"Wie eignet man sich Wirklichkeit an?"

Der fröhliche, aber ernsthafte Stanišic ist ungeheuer wichtig für die Debatte über Kultur, Literatur und Demokratie in diesen Tagen, in denen ein fragwürdiger Nobelpreisträger geehrt wird (was die Akademie gestern noch verteidigte) und sein öffentliches politisches Auftreten als Marginalie in einem ansonsten lobenswerten Schriftstellerleben abgetan wird. 
Stanišic hat das Recht dazu, über Handkes Haltung zu urteilen, weil er all das erlebt hat, was der Österreicher vor Jahren mit überflüssiger Vehemenz einseitig dargestellt hat.

Nach seiner aufsehenerregenden, erschütterten Dankesrede vom Montag spricht er nun klug über einen Literaturbetrieb und eine Nobelpreisjury, die ein großes literarisches Werk, aber nicht das öffentliche Agieren eines Autors gepriesen haben. „Es geht doch um die Frage: Wie eignet man sich Wirklichkeit in literarischen Texten an“, sagt Stanišic. In seinem Roman „Herkunft“ gelingt ihm genau das auf fesselnde Weise. Und nicht nur er findet die entstehende Debatte über die „politische Wirkkraft von Literatur“ wichtig und wertvoll. Sie sollte nicht abebben.

 

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