Strenge Auswahl statt Numerus clausus

1.2.2016, 14:51 Uhr
Strenge Auswahl statt Numerus clausus

© Uwe Niklas

Herr Prof. Söllner: Die PMU in Nürnberg bildet jetzt im 2. Jahrgang Medizinstudenten aus. Gibt es ähnliche Initiativen auch an anderen Standorten in Deutschland.

Prof. Wolfgang Söllner: In den vergangenen Jahren haben vier deutsche Kliniken – in Hamburg, Kassel, Bielefeld und Nürnberg – begonnen, gemeinsam mit etablierten Universitäten im europäischen Ausland, medizinischen Nachwuchs auszubilden. Dabei sind die deutschen Kliniken jeweils Partner der Universitäten Budapest, Southampton oder Pesc. Für uns ist der Partner die PMU in Salzburg.

 

Was unterscheidet Sie von den anderen drei Modellen?

Söllner: Nur in Nürnberg können die Studierenden das gesamte Studium vor Ort absolvieren. An den anderen Standorten findet die vorklinische Ausbildung im Ausland statt, für den klinischen Teil kommen die Studierenden dann an das jeweilige Klinikum in Deutschland.

 

Wie ist denn die hochschulrechtliche Situation?

Söllner: Die PMU ist bereits seit 14 Jahren in Österreich akkreditiert und unterliegt am Standort Nürnberg österreichischem Hochschulrecht und europäischem Recht. Damit ist eine Akkreditierung durch den deutschen Wissenschaftsrat nicht möglich. Der Studiengang in Nürnberg folgt dem bereits bewährten Salzburger Curriculum, das sich am Studium an der Mayo Medical School in den USA orientiert. Natürlich sind wir in der Aufbauphase froh, aus der Diskussion über eine Verbesserung des Medizinstudiums in Deutschland zu lernen.

 

Bei Ihnen kostet das Medizinstudium 14 200 Euro im Jahr, dafür „erspart“ sich der Bewerber das Zulassungsverfahren durch die ZVS. Kann man also Medizin-Studienplätze kaufen?

Söllner: Nein. Auch wir haben für unsere vielen Bewerber ein strenges Auswahlverfahren und wollen die besten Studierenden. Viele junge Menschen sind hochmotiviert und auch geeignet, Medizin zu studieren. Wegen des sehr strengen Numerus clausus haben sie selbst bei einer hervorragenden Abiturnote keine Chance, einen Studienplatz in naher Zukunft zu bekommen. Die Abiturnote ist aber nur ein Kriterium. Hier tun sich nichtstaatliche Universitäten wie die PMU leichter, denn sie prüfen die fachliche und persönliche Eignung aller Bewerber in Tests und Gesprächen. Der Wissenschaftsrat hat ausdrücklich begrüßt, dass sich die privaten Universitäten um neue Auswahlverfahren bemühen. Zu den Studiengebühren: Die PMU ist eine private Stiftung, die keine Gewinne macht.

 

Wie sieht das Auswahlverfahren an der PMU genau aus?

Söllner: Bei uns werden von etwa 900 Bewerbern pro Jahr durch schriftliche Tests und ausführliche Interviews die jeweils 50 geeignetsten für die Standorte Nürnberg und Salzburg ausgewählt. Dabei sind neben Intelligenz und Durchhaltevermögen die Motivation und die soziale Kompetenz für die Aufnahme entscheidend.

 

Können die privaten Medizin-Universitäten bei der Qualität der Ausbildung mithalten?

Söllner: Das Medizinstudium in Deutschland ist insgesamt reformbedürftig. Das hat der Wissenschaftsrat bereits 2014 festgestellt. Deshalb sind ihm innovative Vorschläge, auch aus den PrivatUniversitäten, willkommen. Wir bringen in diese Diskussion gerne die Erfahrungen ein, die wir mit unserem Curriculum machen.

Dort gibt es zum Beispiel von Anfang an eine Förderung sozialer und kommunikativer Kompetenzen, eine Vernetzung von Theorie und Praxis durch die Beteiligung klinischer Professoren an der theoretischen Ausbildung sowie gemeinsame Lehrveranstaltungen mit anderen Gesundheitsberufen – wie vom Wissenschaftsrat gefordert.

 

Wie sieht es mit dem Faktor Internationalität aus?

Söllner: Während des Studiums spielt der Austausch mit der PMU in Salzburg und der Mayo Klinik ein wichtige Rolle. Außerdem findet ein Teil der Lehre bei uns in englischer Sprache statt, und die Studenten müssen den theoretischen Teil der US-amerikanischen Staatsprüfung für Mediziner ablegen. Ich halte dies für eine gute Qualitätsprüfung unserer Lehre.

 

Der Wissenschaftsrat hat aber auch Anforderungen an die Professoren und Lehrenden gestellt.

Söllner: An der PMU lehren 24 klinische Professoren, die auch Chefärzte am Klinikum Nürnberg sind. Lehrstühle für Anatomie und Physiologie haben wir mit Wissenschaftlern von der Charité in Berlin und der Forschungsstelle in Jülich besetzt. Nächste Woche tritt ein neuer Professor für Urologie, der von der Uni Heidelberg kommt, seinen Dienst an. Erfahrene Professoren der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg unterrichten naturwissenschaftlich-theoretische Fächer wie Chemie, Biochemie und Biologie. Daneben sind viele Dozenten und Assistenten in Seminaren und im Kleingruppenunterricht an der Lehre beteiligt, so dass die 50 Studierenden, die pro Jahr aufgenommen werden, intensiv betreut werden.

 

Der Wissenschaftsrat fordert ein forschungsbasiertes Studium. Wie ist das an der PMU?

Söllner: Klinische Forschung wird am Klinikum Nürnberg in Kooperation mit in- und ausländischen Partnern schon lange betrieben. Dies wird durch die Gründung der PMU auch in Kooperation mit der PMU in Salzburg und der TH Nürnberg intensiv verstärkt. Die Studierenden werden vom 1. Jahr an in einer studienbegleitenden Lehrveranstaltung in wissenschaftlichen Methoden unterrichtet, und sie haben im 4. Studienjahr eine wissenschaftliche Arbeit anzufertigen. Dazu gibt es ein Forschungstrimester, welches die Studenten auch an einer ausländischen Universität absolvieren können.

 

Was sind für Sie weitere wichtigen Eckpunkte in dem Positionspapier?

Söllner: In dem Papier wird unter anderem deutlich, dass die zusätzliche Ausbildung an den vier Privatuniversitäten von etwa 300 Medizinern pro Jahr einen Beitrag zur Behebung des Ärztemangels in Deutschland leisten kann.

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