Traurige Außenseiter: "The Kindness of Strangers"

12.12.2019, 10:06 Uhr
Eine Szene aus "The Kindness of Strangers" mit Zoe Kazan als Clara.

© Alamode Eine Szene aus "The Kindness of Strangers" mit Zoe Kazan als Clara.

Die dänische Regisseurin Lone Scherfig ("Italienisch für Anfänger") hat ein Herz für traurige Außenseiter, auch in "The Kindness of Strangers" versammelt sie ein Grüppchen vom Schicksal Gebeutelter, die sich auf den Straßen Manhattans zufällig begegnen und immer wieder über den Weg laufen.

Clara (Zoe Kazan) ist mit ihren zwei kleinen Söhnen vor dem gewalttätigen Ehemann geflohen, die aufopferungsvolle Krankenschwester Alice (Andrea Riseborough) engagiert sich neben ihren 12-Stunden-Schichten für eine Selbsthilfegruppe und in einer Suppenküche und vereinsamt dabei selbst. Der grundsympathische Marc (Tahar Rahim) ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden, wo er für seinen Bruder einsaß, und der nicht besonders helle, aber liebenswerte Jeff (Caleb Landry Jones) hat erst diverse Jobs und dann seine Wohnung verloren.

Ginge es auf der Welt gerecht zu, hätten alle einen Platz auf der Sonnenseite verdient. Doch weil dem leider nicht so ist, spielt Lone Scherfig die Erlöserin und schweißt ihre Protagonisten zur sich gegenseitig rettenden Solidargemeinschaft zusammen. Neben Suppenküche und Selbsthilfegruppe wird das russische Restaurant des gutmütigen Timofey (Bill Nighy) zum Treffpunkt, wo Ex-Sträfling Marc als neuer Leiter angeheuert hat, Clara Häppchen für ihre hungrigen Kinder stiehlt (und nicht nur
Marcs Mitgefühl, sondern auch sein Herz erobert) und Alice den armen Jeff zum Wodka einlädt.

So konstruiert das alles ist, so oberflächlich bleiben die Charaktere. Keiner der Figuren wird auch nur ansatzweise Tiefe verliehen, die Dialoge sind hölzern, und auch die dramatische Zuspitzung um Claras sadistischen Polizistengatten, der die Familie aufspürt und in nullkommanix vor Gericht und hinter Gittern landet, ist unglaubwürdig. Zu alledem überzuckert Scherfig ihr ohnehin allzu süßliches Sozialdrama noch mit elegischen Geigenklängen.

Sicher, dass sich die Schwächsten gegenseitig beistehen, ist bitter notwendig in einer zunehmend gespaltenen Welt. Und ein paar anrührende Momente hat der Film durchaus. Doch selbst für die Vorweihnachtszeit, in der es im Kino gerne herzerwärmend kitschig zugeht, schießt Scherfig deutlich übers Ziel hinaus. (112 Min.)

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