peil

Verkannt und verstorben: Wer war der Laufer Zeichner Albert Leo Peil?

28.5.2021, 16:25 Uhr
Mode und Menschen: Zeichnung von Albert Leo Peil. 

© Hans-Joachim Winckler Mode und Menschen: Zeichnung von Albert Leo Peil. 

Zumindest in Lauf fiel Albert Leo Peil auf: Selbstgenähte Kunstpelz-Overalls, schwarze Ledermonturen, ein Hang zum Fetisch. Nicht jeder läuft in einer fränkischen Kleinstadt so herum. Was hinter den Monturen für ein Künstler steckt, hat bis zu seinem Tod im Jahr 2019 hingegen niemand entdeckt.

Deshalb birgt die Ausstellung in der Kunst Galerie Fürth über den „Zeichner und Grandseigneur“ einen Schatz. 60 Werke eines Meisterwerkers der Tusche, eines schrägen Vogels, einer empfindsamen Seele sind gehängt und warten auf Besucher. Wer war Albert Leo Peil?

Liebhaber der Uniform

Die Antwort hängt wohl davon ab, wen man fragt. Seine einstigen Kollegen im Laufer Klärwerk, wo der Künstler immer wieder für die Stadt als einfacher Aushilfsarbeiter sein Geld verdiente, werden über den Liebhaber der Uniform – der selbst die orangefarbene Sicherheitskleidung noch mit Würde getragen haben soll – eine andere Auskunft geben als zum Beispiel seine verstorbene Mutter.

Rührende Zeichnungen fertigte für er sie zu Ostern oder zum Nikolaustag an. Rührend, weil sie freilich wenig mit dem zu tun haben, was er künstlerisch sonst so hervorgezaubert hat.

Gesichter wie Masken: Zeichnung von Albert Leo Peil.

Gesichter wie Masken: Zeichnung von Albert Leo Peil. © kunst galerie fürth

War im Frühwerk noch eine starke Faszination durch den Surrealisten Salvador Dali (1904 –1989) auszumachen - das Zerfließen der Zeit - , entdeckte Peil dann offenbar Marquis de Sade (1740 –1814) für sich. Verwundbare Tagträume und wunderbare Traumwelten gleiten in seinen Blättern oft wimmelbildartig ineinander über. Als Betrachter weiß man dann gar nicht, wo man anfangen und aufhören soll mit dem Entdecken.

Die Schuhe der Republik Frankreich

Die sexuelle Konnotation zahlreicher Motive ist nur ein Element von vielen. Florales, Futuristisches, Fantastisches geistert um die Menschen herum – die als Wesen zwischen Sphären fast immer im Mittelpunkt seiner Zeichenkunst stehen. Mode spielt eine Rolle – etwa, wenn der Künstler, der mit seinem Hang für feinste Punkte, Kringel, Linien, Schnürsenkel, „die Schuhe der Republik Frankreich“ zeichnerisch nachformte.
Einen Nürnberger Ladenbesitzer porträtierte er verfremdet ebenso wie den Modeschöpfer Pierre Cardin (1922–2020).

Autodidakt, der er war, hat Peil sich mehrere Sprachen selbst beigebracht. Daher auch sein Faible für französische Titel.

Filigran stehen Menschen im Mittelpunkt der Tuschzeichnungen von Albert Leo Peil. 

Filigran stehen Menschen im Mittelpunkt der Tuschzeichnungen von Albert Leo Peil.  © kunst galerie fürth

Von den 1970er Jahren an wohnte Peil in Lauf an der Pegnitz. Den äußeren Verlockungen der größeren Städte schien er kaum zu erliegen. Seinen Hang, ab und an als Paradiesvogel zu flattern, hat der Künstler offenbar lieber auf die bürgerlich geprägte Wahlheimat beschränkt. 1946 in Blankenfelde bei Berlin geboren, wuchs er vaterlos auf. In einem Geschäft in der Nürnberger Wiesenstraße absolvierte er ab 1961 eine Ausbildung als Schaufenster-Dekorateur. 1966 begann er eine Ausbildung als Buchdrucker, um sich zwei Jahre als „Bouffetier“ im Hendllokal Wienerwald zu verdingen.

Diese Person, die nicht nur im Klärwerk, sondern auch auf dem Friedhof einfache Dienste verrichtete, um finanziell über die Runden zu kommen, ließ kaum auf die andere schließen, die er ebenfalls war. Ein Besuch im Louvre, ein kurzes Studium an der Nürnberger Kunstakademie im Jahr 1978 in der Klasse von Professor Ernst Weil sollten ihn ebenfalls prägen.

Er wäre ein guter Tätowierer gewesen

Er war buchstäblich ein Zeichner mit Leib und Seele – und mit ausgeprägter Manie. Akribisch gesetzt entwarf er seinen „Zeichnerischen Pointilismus“, diesen Stil der zarten Einstichpunkte , mit dem er wohl auch einen guten Tätowierer abgegeben hätte.

Natalie De Ligt wurde durch einen Nachbarn des Künstlers nach Peils Tod auf den ungewöhnlichen Nachlass aufmerksam gemacht. Der Freund des Künstlers, der sein Erbe war, hatte die Zeichnungen offenbar bereits monatelang in seinem Kofferraum aufbewahrt und wollte sie verkaufen.

Grobes ins Feine gestochen

Heute befindet sich ein Teil von Peils Schaffen im Stadtarchiv Lauf. Für ein weiteres Kontingent konnte Natalie de Ligt die Kölner Galerie Dahles & Zander gewinnen, die auch den verstorbenen fränkischen Outsider-Art Künstler (1941–1997) im Programm hat und von der zahlreiche der Leihgaben in der Fürther Ausstellung stammen.

Blick in die Ausstellung in der Kunst-Galerie Fürth.

Blick in die Ausstellung in der Kunst-Galerie Fürth. © Hans-Joachim Winckler

Neben Tuschzeichnungen beweist ein filigran mit puntiertem Kupferblech verkleidete Holztruhe die Experimentierlust des Künstlers. Peil hatte ein Händchen dafür, Grobschlächtiges ins Feine zu übersetzen. Einstichpunkte ins Leben eines Empfindsamen werden augenfällig. Damit kann Peil punkten. Leider erst im Nachhinein.

Verwandte Themen


Keine Kommentare