Vorfreude auf die "Ärzte": Rock im Park startet heute

7.6.2019, 05:54 Uhr
Die Ärzte geben am Freitag in Nürnberg ihr Comeback.

© dpa Die Ärzte geben am Freitag in Nürnberg ihr Comeback.

"Wir hatten ein paar gute Jahre mit meiner alten Band", erzählt Ärzte-Bassist Rodrigo González an einer Stelle des sehenswerten Films, in dem er in seine alte Heimat Chile reist und tief in die dortige Musikszene abtaucht. So, wie er das sagte, klang das schon einigermaßen endgültig - als seien Die Ärzte, bei denen seit 2013 Funkstille herrschte, endgültig Geschichte.

Auch das, was in der im selben Jahr erschienenen Bandbiografie "Das Buch Ä" zu lesen stand, klang nicht gut. Streit hinter den Kulissen hatte es bei den Ärzten schon immer gegeben - ein Stück weit befeuerte der zelebrierte Dauerzwist zwischen den Bandgründern Farin Urlaub und Bela B immer auch den Kreativwettbewerb innerhalb der Band. Der heilige Deal besagte jedoch, dass nichts davon auf die Bühne mitgenommen wird. Und selbst das war auf der Tour zum letzten, ganz gut geratenen Studioalbum "auch" (2012) nicht mehr der Fall gewesen...

Die Ärzte waren immer anders

Neu war zudem, dass - so "Das Buch Ä" - die Front nicht zwischen Bela und Farin verlief, sondern dass sich diesmal Bela und Rod in die Haare kriegten. Vor allem González litt auf der "auch"-Tour sehr unter den starren, aufgeblähten Produktionsbedingungen, die nur noch wenig mit Spaß und Spontaneität zu tun hatten - beides maßgebliche Ingredienzien für das langjährige Erfolgsrezept, mit dem das Trio aus Berlin seit Jahrzehnte einen Solitär in der deutschsprachigen Rockszene stellt.

Denn so tief vermeintlich die Gräben zwischen Bands wie den Toten Hosen auf der einen und den Böhsen Onkelz auf der anderen Seite auch sein mögen - musikalisch lag das alles nie so weit auseinander, wie es die Protagonisten gerne gehabt hätten. Und auch textlich konnten sich Fans beider Lager gut auf das beliebte "Steh auf, wenn Du am Boden liegst"-Pathos einigen. Die Ärzte hingegen waren immer anders, ironischer ... und seltsam. In ihren Texten heißt es nicht "Wir und Ihr", sondern "Ich und Du", die Helden sind oft Verlierer und Außenseiter.

Comeback auf der Zeppelin Stage

Die Ärzte klingen poppiger und verkopfter als die Konkurrenz und haben trotzdem die meisten Lieder auf der Index-Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Sie stimmen Schmählieder auf sich selbst an ("Bravopunks") und geben sich augenzwinkernd-schwul ("Samen im Darm", "Meine Freunde"). Alles nichts, mit dem sich der durchschnittliche Deutschrock-Konsument identifizieren kann. Und dazu die vielen wunderbaren Geschichten, die sich um das Trio ranken und die inzwischen zwei dicke, lesenswerte Bandbiografien füllen...

Jetzt sind Die Ärzte zurück, ab 20.45 Uhr auf der Zeppelin Stage, und die Frage lautet: Hat die selbsternannte "Beste Band der Welt" künstlerisch noch irgendetwas zu melden? Die neue, nur digital erschienene EP "Drei Mann - Zwei Songs" ist ganz nett, mehr aber auch nicht - und vor allem sehr selbstreferenziell. Das Anfang des Jahres erschienene Dreifach-Album "They’ve Given Me Schrott! - Die Outtakes" fällt unter Resteverwertung. Doch wie im Fußball gilt: Wichtig is’ auf’m Platz. Am Wochenende wird man mehr wissen über den Stand der Dinge bei einer der bemerkenswertesten Kapellen aus heimischer Produktion.

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