Wenn die Hautfarbe entscheidend ist: "Queen & Slim"

10.1.2020, 11:35 Uhr
Wenn die Hautfarbe entscheidend ist:

© Foto: UPI

 

Cleveland, Ohio: Zwei ganz normale junge Menschen verabreden sich auf dem Dating-Portal "Tinder" zu einem Treffen im Diner. Man redet, lernt sich ein bisschen kennen – und entscheidet auf dem Heimweg im Auto, dass es vorerst dabei bleiben soll. Die Geschichte von der Anwältin Queen (Jodie Turner-Smith) und dem Schuhverkäufer Slim (Daniel Kaluuya) könnte an dieser Stelle enden. Doch die amerikanische Regisseurin Melina Matsoukas nimmt die Szenen als Ausgangspunkt für ein spannendes, unterhaltsames und ja, auch politisches Roadmovie, das sie mit Thriller-Elementen ebenso anreichert wie mit einer schwer romantischen Lovestory.

Dass aus dem unbescholtenen afroamerikanischen Paar ein landauf, landab von der Polizei gejagtes Duo wird, ist eine Sache von wenigen Minuten. Das Auto der beiden wird von einem weißen Cop gestoppt, die beiden wissen, dass das für sie als Schwarze heikel werden kann – und tatsächlich spart der Polizist bei der Kontrolle nicht mit Demütigungen. Als Queen das Ganze mit dem Handy filmen will, schießt der Beamte ihr ins Bein, bei der darauffolgenden Rangelei trifft Slim den Polizisten mit dessen Waffe tödlich. . .

Weil Queen sich wenig Chancen auf eine faire Verhandlung ausrechnet, überredet sie Slim zur Flucht nach Süden – bei der sich die beiden dann natürlich doch näher kommen. Das mit der Kamera des Polizeiautos aufgezeichnete Video von dem Vorfall geht derweil viral und macht die beiden in der schwarzen Community zu Volkshelden. Ohne tatsächlich schwarzweiß zu malen, weist Matsoukas so immer wieder darauf hin, wie groß in den USA die Kluft zwischen der farbigen und der weißen Bevölkerung noch heute ist.

Auch wenn der Film mit einigen Szenen explizit auf Bonnie und Clyde anspielt, hinkt der Vergleich mit dem US-Gangster-Pärchen der 1930er Jahre. Viel mehr haben Queen und Slim mit Ridley Scotts "Thelma und Louise" gemein, die ebenfalls ganz ohne eigene kriminelle Energie quasi durch Notwehr auf der "Wanted"-Liste der Polizei landen. Mit ausgesprochen stilsicheren Bildern, viel Empathie für die beiden intensiven Hauptdarsteller und einem coolen Soundtrack zwischen Motown-Soul, Rap und Delta-Blues nimmt das Roadmovie schnell Fahrt auf. Dabei ist auf der emotionalen Palette zwischen Hoffnung und Verzweiflung auch Platz für Witz, gute Laune und Erotik. Dass es vor dem melodramatischen Showdown ein bisschen kitschig wird, kann man da verzeihen. (132 Min.)

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