Zum "Tag des Buches": Empfehlungen aus der Kulturredaktion

23.4.2018, 11:49 Uhr
Nach Mariana Lekys "Die Herrenausstatterin" war’s um mich geschehen. Und auch der aktuelle Roman der Autorin, "Was man von hier aus sehen kann", hat mich mit seiner unverkitschten Herzenswärme, seinem skurrilen Personal und dem großartigen Humor verzückt zurückgelassen: ein märchenhaftes Dorf-Porträt. (Tipp von Susanne Helmer)
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Was man von hier aus sehen kann

Nach Mariana Lekys "Die Herrenausstatterin" war’s um mich geschehen. Und auch der aktuelle Roman der Autorin, "Was man von hier aus sehen kann", hat mich mit seiner unverkitschten Herzenswärme, seinem skurrilen Personal und dem großartigen Humor verzückt zurückgelassen: ein märchenhaftes Dorf-Porträt. (Tipp von Susanne Helmer) © Dumont

Es gibt wenig Bücher, die mir je die Zornesröte ins Gesicht getrieben haben. Feridun Zaimoglu hat es geschafft. In seinem Luther-Roman "Evangelio" versucht er, die Sprache der frühen Neuzeit zu imitieren. Er beschäftigt sich mit dem Jahr, in dem der Reformator auf der Wartburg in Gewahrsam genommen wurde und versetzt sich in die Rolle eines einfachen Landsknechts und wie Luther auf diesen wirkt. Nämlich als selbstquälerisches, mimosenhaftes Raubein. Das kann man natürlich machen, auch wenn sich die Hauptsatz-Tirade sehr schwerfällig liest. Aber vom Geist jener Zeit und von dem, was Luther wirklich umtrieb, hat Zaimoglu nicht einen Halbsatz erfasst. Das überflüssigte Luther-Buch ever. (Tipp von Jens Voskamp)
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Evangelio

Es gibt wenig Bücher, die mir je die Zornesröte ins Gesicht getrieben haben. Feridun Zaimoglu hat es geschafft. In seinem Luther-Roman "Evangelio" versucht er, die Sprache der frühen Neuzeit zu imitieren. Er beschäftigt sich mit dem Jahr, in dem der Reformator auf der Wartburg in Gewahrsam genommen wurde und versetzt sich in die Rolle eines einfachen Landsknechts und wie Luther auf diesen wirkt. Nämlich als selbstquälerisches, mimosenhaftes Raubein. Das kann man natürlich machen, auch wenn sich die Hauptsatz-Tirade sehr schwerfällig liest. Aber vom Geist jener Zeit und von dem, was Luther wirklich umtrieb, hat Zaimoglu nicht einen Halbsatz erfasst. Das überflüssigte Luther-Buch ever. (Tipp von Jens Voskamp) © Kiepenheuer&Witsch

Julian Barnes' "Der Lärm der Zeit". Was für ein hinreißender, glänzend geschriebener Roman. Vordergründig handelt er von Dmitri Schostakowitsch und seinen Verflechtungen im stalinistischen Russland. Aber er kann als Biografie, als Historienroman und ebenso gut als Essay über das Verhältnis von Kunst, insbesondere Musik und Macht in allen Diktaturen gelesen werden. Durch die Konzentration auf die moralischpsychologischen Aspekte bekommt die dauernde Angst des Komponisten vor Stalins Häschern eine universelle Komponente. (Tipp von Jens Voskamp)
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Der Lärm der Zeit

Julian Barnes' "Der Lärm der Zeit". Was für ein hinreißender, glänzend geschriebener Roman. Vordergründig handelt er von Dmitri Schostakowitsch und seinen Verflechtungen im stalinistischen Russland. Aber er kann als Biografie, als Historienroman und ebenso gut als Essay über das Verhältnis von Kunst, insbesondere Musik und Macht in allen Diktaturen gelesen werden. Durch die Konzentration auf die moralischpsychologischen Aspekte bekommt die dauernde Angst des Komponisten vor Stalins Häschern eine universelle Komponente. (Tipp von Jens Voskamp) © Kiepenheuer&Witsch

Mit Murakami ist aus meiner Fan-Sicht sowieso keiner zu vergleichen. Sein neuer Künstlerroman "Die Ermordung des Commendatore" jedenfalls ist mein Highlight der vergangenen Monate. Sein Buch über das Finden und Loslassen kreist um Kunst und Sex. (Tipp von Birgit Ruf)
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Die Ermordung des Commendatore

Mit Murakami ist aus meiner Fan-Sicht sowieso keiner zu vergleichen. Sein neuer Künstlerroman "Die Ermordung des Commendatore" jedenfalls ist mein Highlight der vergangenen Monate. Sein Buch über das Finden und Loslassen kreist um Kunst und Sex. (Tipp von Birgit Ruf) © Dumont

Ein ärgerliches Debüt hat Theresia Enzensberger geliefert: Mit dem Namen des berühmten Vaters Hans Magnus belastet (oder beglückt?), betrat sie im vergangenen Jahr die Bühne des Literaturbetriebs mit einem spannenden Thema: Das Bauhaus in Weimar bzw. Dessau ist Szenerie für die Emanzipationsgeschichte "Blaupause", in der eine junge Frau zu weiblichem und künstlerischem Selbstbewusstsein zu finden versucht. Doch die berühmten Entwürfe und Bauten, die illustren Lehrer und freigeistigen Schüler schildert sie in so trockener Art (oder gar nicht), dass man um die vergebene Chance geradezu trauert beim Lesen. Das Geschehen wiederholt sich, ohne den Charakteren schärfere Konturen zu verleihen. Da geht definitiv noch mehr. (Tipp von Katharina Erlenwein)
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Blaupause

Ein ärgerliches Debüt hat Theresia Enzensberger geliefert: Mit dem Namen des berühmten Vaters Hans Magnus belastet (oder beglückt?), betrat sie im vergangenen Jahr die Bühne des Literaturbetriebs mit einem spannenden Thema: Das Bauhaus in Weimar bzw. Dessau ist Szenerie für die Emanzipationsgeschichte "Blaupause", in der eine junge Frau zu weiblichem und künstlerischem Selbstbewusstsein zu finden versucht. Doch die berühmten Entwürfe und Bauten, die illustren Lehrer und freigeistigen Schüler schildert sie in so trockener Art (oder gar nicht), dass man um die vergebene Chance geradezu trauert beim Lesen. Das Geschehen wiederholt sich, ohne den Charakteren schärfere Konturen zu verleihen. Da geht definitiv noch mehr. (Tipp von Katharina Erlenwein) © Roman Hanser

Dieses Buch schafft es, mit seinen fiktiven Figuren und deren Geschichten reales Zeitgeschehen und politische Konflikte nahbar und aufregend zu vermitteln. Es zeigt vielstimmig, wie fatal gesellschaftliche Großwetterlagen in Familien und Freundschaften hineinwirken. Und es hat mich nachhaltig beschäftigt: Fernando Aramburus "Patria" über zwei Familien, die sich unter dem Einfluss der baskischen Terrororganisation ETA entzweien. (Tipp von Birgit Nüchterlein)
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Patria

Dieses Buch schafft es, mit seinen fiktiven Figuren und deren Geschichten reales Zeitgeschehen und politische Konflikte nahbar und aufregend zu vermitteln. Es zeigt vielstimmig, wie fatal gesellschaftliche Großwetterlagen in Familien und Freundschaften hineinwirken. Und es hat mich nachhaltig beschäftigt: Fernando Aramburus "Patria" über zwei Familien, die sich unter dem Einfluss der baskischen Terrororganisation ETA entzweien. (Tipp von Birgit Nüchterlein) © Rowohlt

Wer heute noch freiwillig ein Buch aus dem Spätwerk Martin Walsers aufschlägt, ist eigentlich selber schuld. Der Roman „Statt etwas oder Der letzte Rank“ (2017) ist erstens keiner, sondern eine lose Aneinanderreihung von Sentenzen, in denen begrenzter Erkenntnisgewinn und entgrenzte Selbstgefälligkeit Hand in Hand gehen. Und dann noch dieses verbale Greisen-Getätschel! Man stelle sich nur einmal vor, eine etwa 90-jährige Autorin würde sich erotisch derartig, nun ja, entblößen! Wahrscheinlich hatte mich der geringe Umfang des Buchs unvorsichtig werden lassen – 176 Seiten, das müsste doch zu schaffen sein, auch wenn sie von Martin Walser stammen!? Ein Irrtum. (Tipp von Tamara Dotterweich)
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Statt etwas oder Der letzte Rank

Wer heute noch freiwillig ein Buch aus dem Spätwerk Martin Walsers aufschlägt, ist eigentlich selber schuld. Der Roman „Statt etwas oder Der letzte Rank“ (2017) ist erstens keiner, sondern eine lose Aneinanderreihung von Sentenzen, in denen begrenzter Erkenntnisgewinn und entgrenzte Selbstgefälligkeit Hand in Hand gehen. Und dann noch dieses verbale Greisen-Getätschel! Man stelle sich nur einmal vor, eine etwa 90-jährige Autorin würde sich erotisch derartig, nun ja, entblößen! Wahrscheinlich hatte mich der geringe Umfang des Buchs unvorsichtig werden lassen – 176 Seiten, das müsste doch zu schaffen sein, auch wenn sie von Martin Walser stammen!? Ein Irrtum. (Tipp von Tamara Dotterweich) © Rowohlt

Bestes Buch? Schwierig. Also wird geteilt. Großartig ist Virgine Despentes „Das Leben des Vernon Subutex“. Ein Typ verliert seinen Pariser Plattenladen, wird Couchsurfer, landet im Park. Für seine Hipster-Bekannten wächst er zum Gossen-Guru von trauriger Gestalt heran. Unterhaltsame Nahaufnahmen der Gesellschaft. (Tipp von Tamara Dotterweich)
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Das Leben des Vernon Subutex

Bestes Buch? Schwierig. Also wird geteilt. Großartig ist Virgine Despentes „Das Leben des Vernon Subutex“. Ein Typ verliert seinen Pariser Plattenladen, wird Couchsurfer, landet im Park. Für seine Hipster-Bekannten wächst er zum Gossen-Guru von trauriger Gestalt heran. Unterhaltsame Nahaufnahmen der Gesellschaft. (Tipp von Tamara Dotterweich) © Kiepenheuer&Witsch

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