Oberasbacher Stadtteile leiden unter Bahnlärm

12.12.2014, 16:00 Uhr
Oberasbacher Stadtteile leiden unter Bahnlärm

© Foto: Thomas Scherer

Der Garten wirkt idyllisch. Wenn Ingrid und Engelbert Pedack auf ihrer Terrasse sitzen, schauen sie im Süden auf eine grüne Wand. Im Herbst begeistert das Wäldchen an der Birkenstraße mit einem bunten Farbenspiel. Idyll verbindet sich allerdings auch mit Ruhe, ein wenig zumindest. Doch damit ist es bei Pedacks und ihren Nachbarn nicht weit her. Denn unmittelbar hinter dem Zaun, rund 30 Meter von ihrem Sitzplatz entfernt, verläuft die Bahnlinie von Nürnberg nach Stuttgart. Wenn die Züge vorbeidonnern können die Anwohner den Lokführern in ihrem Führerstand fast in die Augen sehen. Jede Unterhaltung endet dann abrupt.

Die Pedacks sind keine Neubürger, die irgendwo hinziehen und sich dann über Kirchturmglocken oder das Gekrähe von Hähnen aufregen. Das Ehepaar wohnt seit 1986 in der Hauptstraße in Unterasbach. Doch seit ungefähr fünf Jahren, da sind sie sich sicher, hat sich die Situation am Gleis verändert. Es gibt Positives, wie die die neuen S-Bahn-Triebwagen. Von „Flüsterzügen, die nicht stören“, spricht Engelbert Pedack.

Aber da ist auch die negative Entwicklung, die sie feststellen: Eine gestiegene Anzahl an Güterzügen, mit immer mehr Waggons, teilweise von zwei Lokomotiven gezogen, die lautstark über die Trasse rumpeln. Besonders schlimm ist die Situation in der Nacht. Immer wieder schreckt das Ehepaar aus dem Schlaf, gesund, sagen beide, könne dies auf Dauer nicht sein. Zudem führen die Züge schneller als früher – 80 anstatt 60 Stundenkilometer, das habe ihnen ein Bahn-Mitarbeiter erzählt.

Mit allen möglichen Maßnahmen versuchen die Pedacks, dem Lärm und seinen Auswirkungen zu begegnen. Die Fenster sind längst dreifach verglast, am Fernseher sorgen Zusatzlautsprecher mit 70 Watt dafür, dass der Nachrichtensprecher trotz Deutscher Bahn zu verstehen ist. Und auch die Hecke wird hoffentlich bald höher wachsen. Dennoch würden sich Ingrid und Engelbert Pedack entsprechende Lärmschutzwände wünschen. Mit 85 bis 92 Dezibel rattern die Güterzüge an ihrem Haus vorbei. Werte, die das Ehepaar laut eigener Aussage mit einem extra angeschafften Messgerät ermittelt hat. Die Ruhe bei den jüngsten Bahnstreiks haben die Unterasbacher deshalb regelrecht genossen.

Klare Aussage

Über die SPD-Stadtratsfraktion haben sich die Pedacks an die Stadt gewandt, doch der sind weitgehend die Hände gebunden. Vor mehreren Jahren hat die Kommune ein Lärmgutachten in Auftrag gegeben, das die Ingenieurgesellschaft IBAS Ende Juli 2011 vorgelegt hatte. Das Ergebnis: Der Lärm überschreite „objektiv die Richtlinien“, so hatte sich Bürgermeisterin Birgit Huber seinerzeit gegenüber den FLN geäußert.

Die Bahn sah allerdings keinen Grund zum Handeln. Denn die Strecke genießt Bestandsschutz, das heißt, so lange dort baulich nichts verändert wird, gibt es auch keine Schallschutzmaßnahmen. Zwar existiert seit 1998 ein „Lärmsanierungsprogramm“ der Bundesregierung. Dabei handelt es sich nach Auskunft der Bahn aber um „eine freiwillige Leistung des Bundes, auf die kein Rechtsanspruch besteht“. Und noch einen Haken gibt es: In einer Richtlinie hat das Bundesverkehrsministerium Lärmpegel als Grenzwerte festgesetzt. Diese liegen beispielsweise bei reinen Wohngebieten tagsüber bei 70 Dezibel, nachts zwischen 22 und 6 Uhr bei 60 Dezibel. Liegt eine Überschreitung vor, ist eine Bearbeitung im Rahmen des Lärmsanierungsprogramms „möglich, aber nicht zwingend erforderlich“, lässt die Bahn wissen.

Aufgrund einer Vielzahl von im Raum stehenden Forderungen hat die Bahn eine bundesweite Rangliste erstellt, die allein in Bayern 270 Ortsdurchfahrten erfasst. Jede Maßnahme hat eine sogenannte Prioritätskennziffer, die sich aus der Lärmbelastung und der an der Strecke liegenden Einwohnerdichte berechnet. Je höher die Zahl, umso dringlicher der Fall.

Der entsprechende Wert für den Bereich Oberasbach-Unterasbach beträgt 1,69. Derzeit sieht sich die DB aber außerstande, nähere Angaben darüber zu machen, ob im Fall der Landkreiskommune überhaupt etwas passiert, und falls ja, wann.

Warum dem so ist, wird vor folgendem Hintergrund klar: Oberasbach, Unterasbach und Rehdorf finden sich aufgrund ihrer Prioritätskennziffer mit Zirndorf-Anwanden, Roßtal und Raitersaich in der Liste der noch zu realisierenden Vorhaben im Sanierungsabschnitt 224. Aktuell werden jedoch erst Projekte aus den Abschnitten 1 bis 9 abgearbeitet. Deren Priorisierungszahlen liegen zwischen 23,3 und 5,7. Weitere Maßnahmen, so teilt die Bahn mit, könnten erst begonnen werden, „wenn die Haushaltsmittel dies zuließen“. 120 Millionen Euro stellt der Bund aktuell pro Jahr für die Lärmsanierungen zur Verfügung. Allerdings hat das Staatsunternehmen den Oberasbacher Stadtrat schon vor drei Jahren wissen lassen, dass es kostenlos eigenes Gelände zur Verfügung stellen würde, damit Dritte dort Lärmschutzeinrichtungen installieren und diese auch unterhalten. In Mittelfranken gibt es dafür noch kein Beispiel, in Südbayern haben dagegen die Gemeinden Kiefersfelden und Haar, nach Bahn-Angaben, das Angebot angenommen und Wände gebaut.

Oberasbachs Bürgermeisterin tut sich mit dem Gedanken daran schwer, würde die Kommune doch einen Präzedenzfall schaffen. Auch vermag Birgit Huber hier keine städtische Zuständigkeit erkennen, zumal dafür auf allgemeine Steuermittel zurückgegriffen werden müsse.

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