Immunsystem

Dritte, vierte, fünfte Impfung? In diesen Fällen macht Boostern gegen Corona Sinn

Julia Ruhnau

nordbayern.de

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24.4.2022, 05:56 Uhr
Viele Menschen sind bereits dreimal gegen Sars-CoV-2 geimpft.

© imago images/Michael Weber, NNZ Viele Menschen sind bereits dreimal gegen Sars-CoV-2 geimpft.

Der Impfstoff sollte das Allheilmittel sein. Gibt es ihn in ausreichender Menge auf dem Markt, ist die Corona-Pandemie besiegt, dachten anfangs viele. Nach der Einführung war dann schnell klar, dass bei den meisten Vakzinen mindestens zwei Impfungen nötig sind. Einige Monate später hieß es dann sogar, dass der volle Schutz erst ab einer dritten Dosis gelte.

Den haben laut RKI und Bundesgesundheitsministerium inzwischen 49,2 Millionen Menschen in Deutschland, das sind fast 60 Prozent der Bevölkerung. Trotzdem erreichten die Inzidenzen in den Wintermonaten nie da gewesene Höhen, inzwischen ist von einer vierten Auffrischungsimpfung die Rede. Macht das Sinn?

Vierte Booster-Impfung ist nicht unbedingt notwendig

Für die meisten Menschen ist das nicht nötig, sind sich Experten einig, vor allem, wenn es nur darum geht, sich vor einem schweren Krankheitsverlauf zu schützen. Den verhindern vor allem die sogenannten T-Zellen. Sie bekämpfen das Virus, wenn es in den Körper eingedrungen ist.

"Es ist so, dass die T-Zell-Antwort bereits nach einer zweifachen Impfung relativ robust ist bei ansonsten gesunden immunkompetenten Menschen", sagt Christoph Neumann-Haefelin, Experte für Virusimmunologie vom Uniklinikum Freiburg. Die Zellen bieten für etwa ein Jahr guten Schutz. Auch wenn man sich danach boostern lässt, sinkt ihre Anzahl kurz darauf wieder auf das Niveau nach der zweiten Impfung. Die dritte Dosis bietet also in dieser Hinsicht keinen "besseren" Impfschutz, sie erneuert ihn nur.

Sinkender Antikörperspiegel ist normal

Der zweite Teil der Immunantwort durch Antikörper ist auf gewisse Weise kurzlebiger: Nach einer Booster-Impfung sinkt ihr Spiegel bereits nach wenigen Wochen ab. Das ist aber vollkommen normal und auch gewünscht, erklärt Andreas Radbruch. Die Gesamtzahl sinke zwar - aber "die Klasse nimmt zu, und zwar ganz drastisch", sagt der wissenschaftliche Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums in Berlin.

"Ungefähr ein halbes Jahr lang nimmt die Antikörperkonzentration ab, und am Ende hat man aber Antikörper, die zehn- bis hundertmal besser binden", also des Virus direkt neutralisieren. So kommt es gar nicht erst zu einer Infektion.

Die Macht der Antikörper wird aber trotzdem manchmal überschätzt. Das Hauptproblem laut Radbruch: "Das Virus kommt über die Atemwege und über die Schleimhäute. Das heißt, da müssen erst mal Antikörper im Schleim der Mund-, Nase-, Rachen-, Lungenwege sein. Die müssen erst mal da hinkommen aus dem Blut. Das ist gar nicht so einfach."

Ältere Menschen können von Booster profitieren

Was heißt das nun für die Booster-Frage? Aus immunologischer Sicht brauchen Menschen mit einem gesunden Immunsystem unter 70 Jahren keine vierte Impfung, sagt Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Diese Meinung vertritt sie auch im Corona-Expertenrat der Bundesregierung. Ältere Menschen oder Patienten, deren Immunsystem geschwächt ist, können von einer Auffrischung aber profitieren. Die sollte dann allerdings erst mit einigem Abstand injiziert werden. "Vor einem halben Jahr sollte man gar nichts machen", sagt Radbruch.

Der Grund: die sogenannte Affinitätsreifung. Die mache das Immunsystem mit der Zeit besser. Bei Sars-CoV-2, dem Virus, das Covid-19 auslöst, dauert diese Reifung laut aktueller Studienlage ein halbes Jahr. Wird sie unterbrochen, habe man zwar wieder mehr Antikörper, aber schlechtere. Ob über die vierte Impfung hinaus weitere Booster kommen und sinnvoll sind, ist noch nicht klar. Das hängt auch davon ab, wie sich das Coronavirus weiter entwickelt.

Eine Untersuchung zeigt allerdings, dass eine bestimmte Kombination den Körper besonders gut vor Covid-19 bewahrt: "Ist man infiziert gewesen und wird innerhalb von anderthalb Jahren danach noch geimpft, dann hat man auch nach einem Jahr noch 90 Prozent Schutz vor Infektion", sagt Radbruch. Wer "nur" geimpft ist, hat nur etwa die Hälfte.

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