Tierschützer sind wütend

Geburtenkontrolle: Stadt will hunderte Tauben per Genickbruch töten

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Johanna Michel

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15.11.2023, 12:16 Uhr
Viele Tauben auf einem Platz: Gegen die hohe Taubenpopulation will die Stadt Limburg nun die Tiere radikal töten.

© IMAGO Viele Tauben auf einem Platz: Gegen die hohe Taubenpopulation will die Stadt Limburg nun die Tiere radikal töten.

Für viele sind Tauben die "Ratten der Lüfte", die Stadtbewohner besonders durch ihre Hinterlassenschaften verärgern. Die Stadt Limburg hat jetzt den Beschluss gefasst, den Tieren den Gar auszumachen.

In einer Pressemitteilung vom 13. November verkündete die Stadt Limburg, dass die Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich für die gezielte Tötung der örtlichen Tauben gestimmt hat. Demnach sollen die Tiere zunächst gefangen, betäubt und dann getötet werden. Dafür sollen sogenannte Taubenhäuser errichtet werden, welche die Tiere mit Futter anlocken, berichtet die "Tagesschau". Der Fangschlag ermöglicht den Tieren, dass sie rein- jedoch nicht mehr herausfliegen können. Im Haus wird eine Person dann händisch per Genickbruch die Tiere töten. Dadurch soll innerhalb kürzester Zeit die Taubenzahl reduziert werden. Zuletzt zählte die Stadt zwischen 700 und 1.000 Tauben im Stadtgebiet.

"Nach Einschätzungen der Mehrheit ist die Taubenpopulation in Limburg so hoch, dass dringend Abhilfe geschaffen werden muss, um Menschen und Gebäude zu schützen", erklärt die Stadt in einer Pressemitteilung. Vor Umsetzung des Beschlusses ist eine "rechtliche Prüfung des vorgesehenen Vorgehens unter Einbeziehung des zuständigen Veterinäramtes vorgesehen", geht aus der Mitteilung hervor. Auch der Magistrat leite eine rechtliche Überprüfung des Beschlusses ein.

Nach einer Laufzeit von zwei Jahren soll dann ein Erfahrungsbericht folgen. Die Fraktion, welche für diesen Beschluss stimmten (CDU, SPD, FDP) glauben, dass innerhalb dieser zwei Jahren die Taubenpopulation so reduziert werden kann, dass mittels anderer Methoden eine erneute Überpopulation verhindern werden kann. Bei der Entscheidungsfindung wurde der Umweltausschuss vom Falkner und Jäger Berthold Geis aus Vilmar beraten. Dieser macht zuvor mit Schlagzeilen mit seiner "Lizenz zum Taubentöten".

"Jedes Tier hat ein Recht auf Respekt"

Nicht alle Limburgerinnen und Limburger begrüßen den Beschluss. "Uns ist sehr bewusst, dass Tauben nicht jeder mag, und trotzdem hat jedes Lebewesen ein Recht auf Respekt", so Tanja Müller, Teil des Stadttaubenprojekts Limburg, gegenüber der "Tagesschau". Das Projekt kümmert sich aktuell um die Tiere, nimmt sie auf, versorgt und pflegt sie gesund. Zuvor war die Gruppe bereits mit der Stadt Limburg in Kontakt, um andere Modelle und Maßnahmen zu erarbeiten. Der Beschluss kommt aus diesem Grund um so überraschender und habe die Ehrenamtlichen des Projekts "hart getroffen", erklärt Müller. Mittlerweile hat auch die hessische Landestierschutzbeauftragte Stellung bezogen: Sie lehne den Vorstoß ab, Tauben in Limburg zu töten, so Madeleine Martin gegenüber der "Tagesschau". Demnach gebe es tierschutzkonformere Lösungen.

Lautstark äußerten Tierschützer ihre Bedenken auch während der Stadtverordnetenversammlung. Demnach versammelten sich 50 bis 80 Teilnehmende, welche gegen eine Taubentötung demonstrierten, berichtet die Stadt. Ein Teil der Demonstrierenden nahm ebenfalls an der Sitzung teil. Nach Beschluss riefen die Tierschützer den Stadtverordneten "Mörderbande", "Ihr seid menschlicher Abschaum" und "Ihr habt Blut an den Händen" zu. Vertreterinnen und Vertreter machten bereits während der Diskussion deutlich, dass sie im Vorfeld der Entscheidung vermehrt Mails, Posts und Androhungen von Strafanzeigen erhalten haben. Diese werten sie als "deutliche Grenzüberschreitung der Meinungsäußerung".

Gegen tierschutzkonformere Lösungen wie die Geburtenkontrolle in betreuten Taubenhäusern sprechen wohl die Mehrkosten. So soll die Fangschlag-Methode 20.000 Euro kosten, während die betreuten Taubenhäuser 90.000 Euro kosten, berichtete "hessenschau". Auch erreicht man mit den Einrichtungen nur die Tiere, welche brüten, erklärt der Limburger Umweltausschuss. Das hessische Umweltministerium wertet die Methodik demnach als eine "effektive Maßnahme".

Zu viele Tauben: So gehen andere Städte damit um

Andere Städte wählen tierfreundlichere Methoden, um die Ausbreitung von Stadttauben zu verringern. Die Stadt Weißenburg beispielsweise fährt seit diesem Jahr das "Augsburger Modell". Dabei werden betreute Taubenschläge zum Beispiel auf Dachböden eingerichtet. Durch Locktauben werden die wilden Stadttauben in den Schlag gelockt. Betreuerinnen und Betreuer tauschen dann die Eier durch Attrappen aus Gips aus, so dass sich die Tiere kaum vermehren. Auch die Stadt Coburg greift bereits seit den 1990er Jahren auf ein solches Konzept für die Stadttauben zurück.

Insgesamt gibt es über 50 Städte in Deutschland mit betreuten Taubenschlägen, auch beispielsweise Nürnberg hat ein Taubenhaus am Nordostbahnhof errichtet. Dabei handelt es sich um einen Modellversuch, der zunächst bis zum 30. Juni 2025 befristet ist.

Eine weitere Maßnahme ist beispielsweise ein Fütterungsverbot für Tauben, das bei Zuwiderhandlung unter Umständen auch mit einem Bußgeld geahndet werden kann.