Keine Musik, gedimmtes Licht: Supermarkt führt "Stille Stunde" ein

6.11.2019, 15:21 Uhr
Eine neuseeländische Supermarktkette hat eine "Quiet Hour", die "Stille Stunde" eingeführt und stellt währenddessen einmal pro Woche die Musik ab und dimmt das Licht.

© picture alliance / dpa Eine neuseeländische Supermarktkette hat eine "Quiet Hour", die "Stille Stunde" eingeführt und stellt währenddessen einmal pro Woche die Musik ab und dimmt das Licht.

Verpackungen erstrahlen in den buntesten Signalfarben, grelle Lichter flackern von der Decke - im Hintergrund dudelt Musik und Werbung, Menschen wuseln durch die Gänge. Geräusche, die den meisten Kunden eher als harmlose Hintergrundmusik auffallen und alltäglich sind, können für einige Menschen mit Autismus schnell zur großen Stresssituation werden. "Das menschliche Gehirn ist eigentlich dazu ausgelegt, überflüssige Reize zu filtern und zu versuchen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren", erklärte Fabian Diekmann, Fachreferent des Bundesverbands Autismus Deutschland, gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Bei Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung funktioniere das allerdings nicht, alle Reize würden stattdessen ungefiltert ins Gehirn vordringen. Und die Betroffenen könnten etwa auf ein lautes Geräusch unter- oder überreagieren.

Countdown, die größte Supermarktkette Neuseelands, hat deshalb ein Jahr lang in zehn Filialen die "Quiet Hour", also die "Stille Stunde, getestet. Die kam bei den Kunden so gut an, dass seit Ende Oktober diesen Jahres sogar in allen 180 Filialen jeden Mittwoch eine Stunde lang unter anderem das Radio ausschaltet und das Licht gedämpft wird, wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung erklärte. Mitarbeiter räumen in dieser Zeit nur geringfügig Regale ein und die Lautstärke an den Kassen werde gesenkt. Zudem gebe es außer in Notfällen keine Lautsprecheransagen.

Alles bis ins Detail geplant

Die Initiative wurde mit Unterstützung eines örtlichen Autismus-Verbands gestartet, nachdem ein Mitarbeiter mit einem autistischen Kind die Idee dazu hatte.

In Großbritannien und Polen haben einige Läden bereits das Konzept der "Stillen Stunde" adaptiert, Deutschland hat die Debatte um den Supermarkt als inklusiven Ort allerdings noch nicht erreicht. Im Ladendesign stehen "audiovisuelle Einkaufserlebnisse" im Vordergrund, der Kunde soll mit allen Reizen angesprochen werden. Alles ist bis ins Detail geplant.

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