Mann schießt in Synagoge um sich: Elf Tote in Pittsburgh

27.10.2018, 22:18 Uhr
Mann schießt in Synagoge um sich: Elf Tote in Pittsburgh

© dpa/ Alexandra Wimley

An der "Tree-of-Life"-Synagoge in Pittsburgh sind während eines Gottesdienstes am jüdischen Sabbat mehrere Menschen erschossen worden. "Es gibt Tote", sagte ein Polizeisprecher am Samstag am Tatort vor Journalisten. Zur Zahl konnte er keine Angaben machen. Später erklärte der Direktor für Öffentliche Sicherheit, Wendell Hissrich, dass elf Menschen ums Leben gekommen seien. Drei Polizisten seien angeschossen worden, ein Verdächtiger sei festgenommen worden. Medien berichteten, er sei als ein 46 Jahre alter Amerikaner identifiziert worden, der in Sozialen Netzwerken durch rechtsgerichtete Kommentare aufgefallen sei. Nach offiziellen Angaben wird der Mann im Krankenhaus behandelt. Möglicherweise wurde er von Polizisten angeschossen.

"Es ist sehr schlimm", sagte Wendell Hissrich. "Ich habe viel gesehen, auch Flugzeugabstürze", betonte er. Die Szenen in der Synagoge gehörten zu den schlimmsten, die er bisher gesehen habe. Hissrich sprach von einem Hassverbrechen.

Der Sender Fox News sowie weitere US-Medien sprachen anfangs von mindestens vier Toten. Andere Berichte lokaler Medien sprachen von bis zu acht Toten. Die "Tree-of-Life"-Synagoge gilt als ein konservatives jüdisches Gotteshaus, das jedoch offen für Neuerungen sei, wie der Präsident der jüdischen Gemeinde im Großraum Pittsburgh, Jeff Finkelstein, am Ort des Geschehens sagte. Normalerweise finden sich dort am Samstagmorgen rund 50 bis 60 Gläubige ein.

Trump fordert schnellere Todesurteile

Auch in anderen Gegenden der USA wurden sofort die Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Einrichtungen erweitert. In Squirrel Hill, wo die Synagoge steht, leben seinen Angaben zufolge rund 50 Prozent der im Großraum Pittsburgh ansässigen Juden. Finkelstein zeigte sich erschüttert: "So etwas sollte nicht passieren, nicht in einer Synagoge, nicht in unserem Viertel." Ein lokaler Fernsehsender hatte unter Berufung auf Augenzeugen berichtet, der Schütze sei in die Synagoge gegangen und habe die Worte ausgesprochen: "Alle Juden müssen sterben."

US-Präsident Donald Trump forderte nach den tödlichen Schüssen von Pittsburgh schnellere Todesurteile für Mörder. "Sie sollten wirklich den ultimativen Preis zahlen", sagte Trump am Samstag über Menschen, die Gläubige in Gotteshäusern erschießen. "Sie sollten nicht Jahre über Jahre darauf warten." Der Präsident sprach sich zudem für bewaffnetes Sicherheitspersonal bei Gottesdiensten aus.

"Mein Herz ist gebrochen"

"Ein Verrückter ging hinein und sie hatten keinen Schutz", sagte Trump über die Gemeindemitglieder. "Bewaffnete Posten hätten ihn sofort stoppen können." Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilte die Schüsse scharf. "Mein Herz ist gebrochen und ich bin angewidert von der mörderischen Attacke auf eine Synagoge in Pittsburgh", sagte Netanjahu in einem Video-Statement. "Das gesamte israelische Volk trauert mit den Familien der Toten." Er sicherte den Betroffenen und Hinterbliebenen Unterstützung zu. "Wir stehen zusammen mit dem Amerikanischen Volk im Angesicht dieser furchtbaren antisemitischen Brutalität", sagte er.

Der israelische Generalkonsul in New York, Dani Dayan, hatte zuvor erklärt, das Geschehen werde als innere Angelegenheit Israels betrachtet, auch wenn es Tausende Kilometer von Israel entfernt passiert sei. Der Jüdische Weltkongress (WJC) zeigte sich schockiert. Bei dem Vorfall handele es sich um einen "abscheulichen Terrorakt", sagte WJC-Präsident Ronald Lauder laut Mitteilung am Samstag in New York. "Das war ein Angriff nicht nur auf die jüdische Gemeinde, sondern auf ganz Amerika."

Die Schüsse von Pittsburgh sind der vorläufige Höhepunkt einer Reihe antisemitischer Straftaten in den vergangenen Jahren. In Europa gab es in den vergangenen beiden Jahrzehnten mehrere Anschläge auf jüdische Einrichtungen. Bei einem Terroranschlag auf eine Synagoge im tunesischen Djerba wurden 2002 21 Menschen getötet, darunter 12 Deutsche. 2012 griff ein Mann eine jüdische Schule in Toulouse an und ermordete drei Kinder, einen Lehrer und drei Soldaten. Der Angreifer starb dann im Kugelhagel der Polizei. Er hatte sich selbst als Al-Kaida-Anhänger bezeichnet. 2014 verübte ein Islamist einen Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel, vier Menschen kamen ums Leben.In Paris tötete ein Islamist 2015 vier Menschen in einem jüdischen Supermarkt.