Nach Party: Mutter lässt Vierjährigen drei Wochen allein

10.5.2016, 11:07 Uhr
Drei Wochen lang hat eine Mutter ihren vierjährigen Sohn alleine in der verschlossenen Wohnung gelassen (Symbolbild).

© colourbox.com Drei Wochen lang hat eine Mutter ihren vierjährigen Sohn alleine in der verschlossenen Wohnung gelassen (Symbolbild).

Sie wollte feiern gehen. Eine Nacht lang. Doch dann bleibt eine alleinerziehende Mutter rund drei Wochen weg – und ihr vierjähriger Sohn ist allein in der abgeschlossenen Wohnung. Die heute 38-Jährige hat am Montag vor dem Landgericht Flensburg gestanden, ihren Sohn im August und September 2012 wochenlang eingesperrt zu haben. Sie ist wegen versuchten Totschlags angeklagt.

Sie bereue zutiefst, lässt die Angeklagte über ihren Anwalt verlesen. Sie habe ihr Kind alleine gelassen, um zu einer Party zu gehen und habe eigentlich in der Nacht oder am nächsten Morgen zurückkommen wollen. Doch in einer Kneipe habe sie einen Mann kennengelernt und sei mit ihm in dessen Wohnung gegangen.

Während der Feier und auch in den Wochen danach haben sie den Angaben zufolge getrunken und Rauschgift konsumiert. Die Wohnung des Mannes habe sie die ganze Zeit nicht verlassen. "Wir haben die Zeit mit Drogen, Alkohol, Geschlechtsverkehr und Gesprächen verbracht." Sie habe zwar an ihren Sohn gedacht, sei aber nicht fähig gewesen, klare Gedanken zu fassen.

Die Angeklagte habe ihren Sohn vernachlässigt, ihre Fürsorgepflicht verletzt und durch ihre Tat die seelische und körperliche Entwicklung des Jungen gefährdet, sagte Oberstaatsanwältin Ulrike Stahlmann-Liebelt.

Durch die Wohnungstür gesprochen

Zufällig wird der kleine Junge nach rund drei Wochen gefunden. Sie habe im Kindergarten eine Maßnahme mit dem Kind beginnen sollen, sagte eine Heilpädagogin als Zeugin vor Gericht. Da der Junge so lange nicht in der Kita gewesen sei, habe sie nachsehen wollen. Sie sei zur Wohnung gefahren und habe dort mit dem Jungen durch die Wohnungstür gesprochen. Weil sie dachte, seine Mutter sei in einem hilflosen Zustand, sei sie mit einer Erzieherin, Polizei und Feuerwehr zurückgekommen.

Die Feuerwehr brach das Schloss auf. Das Bild, das sich ihr bot, war erschreckend. Die Wohnung sei in einem desolaten Zustand gewesen, berichten Polizeibeamte. Verschimmelte Essensreste hätten herumgelegen, der Vierjährige sei äußerlich verwahrlost gewesen. „Es war schon sehr traurig ihn so zu sehen“, sagt die Heilpädagogin.

Über seine Mutter hat der Junge wenig bis gar nicht gesprochen, wie mehrere Zeugen berichten, darunter seine erste Pflegemutter, zu der er im September 2012 kam. Sie vermutete ebenso wie die Heilpädagogin und ein Polizeibeamter, dass der Junge damals nicht zum ersten Mal alleine gelassen worden ist.

Der Mann, bei dem die Frau in einer Einzimmer-Wohnung gelebt hat, sagte vor Gericht, sie habe ihm gesagt, das Kind sei bei ihrer Mutter. Er habe dies geglaubt. Tagsüber habe er Geld organisiert und Drogen beschafft. Die Angeklagte war dann oft mehrere Stunden allein in der Wohnung, habe diese aber nicht verlassen wollen. Sie habe nicht nach Hause gewollt und ihm ihre Wohnung nicht zeigen wollen.

Es ist bereits der zweite Prozessanlauf. Zu den ersten zwei Verhandlungsterminen Ende Dezember 2015 war die Frau nicht erschienen. Gegen die 38-Jährige, die mittlerweile in Nordrhein-Westfalen wohnt, wurde Haftbefehl erlassen. Ihr Sohn lebt bei einer Pflegefamilie.