"Ich bin gebrochen"

Nach schwerem Unfall: Rettungssanitäterin erkennt ihre sterbende Tochter nicht

Lisa Krüger

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2.12.2022, 08:53 Uhr
Jayme Erickson und ihr Mann Sean (rechts) bei einer Pressekonferenz. 

© IMAGO/Jeff Mcintosh Jayme Erickson und ihr Mann Sean (rechts) bei einer Pressekonferenz. 

Am 15. November kam es auf einer Autobahn im südlichen Kanada nahe der Stadt Airdrie zu einem schweren Autounfall. Zwei Frauen waren in ihrem Auto auf dem Heimweg, als die Fahrerin auf der gefrorenen Fahrbahn die Kontrolle über den Wagen verlor. Dabei kam es zu einer Kollision mit einem Laster. Der Guardian berichtete, dass sich die Fahrerin bei dem Unfall nur leicht verletzte und sich selbst aus dem Wrack befreien konnte. Die Beifahrerin erlitt jedoch sehr schwere Verletzungen und blieb im Fahrzeug eingeklemmt.

An diesem Tag war Jayme Erickson im Dienst als Rettungssanitäterin. Sie stand der Verunglückten knapp eine halbe Stunde bei, während die Feuerwehr sie aus dem Wrack befreite. Ein Rettungshubschrauber brachte die Verletzte in ein Krankenhaus. All das geschah, ohne das Rettungssanitäterin Jayme Erickson ihre Tochter Montana erkannte. Die Verletzungen hatten die 17-Jährige vollkommen entstellt.

Jayme Erickson brachte ihre Schicht zu Ende und begab sich auf dem Heimweg. Erst wenige Minuten war sie daheim, da klingelte es an der Haustür. Die Beamten vor ihrer Tür informierten sie über den Unfall ihrer Tochter. Erickson wurde klar, dass die Verletzte, die sie behandelt hatte, ihre eigene Tochter war. Montanas Verletzungen waren laut des Guardians so schwerwiegend, dass die lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt wurden.

"Mein Leben wurde für immer verändert", schreibt Erickson nun in einem Facebook-Post, "ich bin gebrochen, es fehlt ein Teil von mir", klagt sie. Sie lässt ihrer Trauer auf Facebook freien Lauf. Doch es ist auch Wut, die sich in die Zeilen mischt. Wut darüber, dass die gemeinsame Zeit mit ihrer Tochter viel zu kurz war. "Ich werde niemals wissen wer du geworden wärst, ich liebe dich über alles in dieser Welt". Der Post hat mittlerweile fast 30.000 Likes gesammelt. Viele Menschen verkünden Jayme Erickson und ihrem Mann Sean ihr Beileid und versuchen Trost zu spenden. "Ich bete für dich und deine Familie", schreibt jemand, "Mein Herz bricht für dich", kommentiert eine Frau.

Der Guardian berichtet weiter, dass Montanas Spenderorgane zwei Menschenleben retteten. Ein tröstlicher Gedanke für Montanas Familie. "Wir sind so glücklich, dass unser kleines Mädchen in anderen weiter leben kann und dass sie in dieser Tragödie dennoch zwei andere Menschen retten konnte", sagt Erickson im Guardian.