Nach Überfall-Plan: Reue bei 96-Nachwuchskickern

26.5.2016, 14:55 Uhr
Nach Überfall-Plan: Reue bei 96-Nachwuchskickern

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Erst Pokalhelden, dann Angeklagte: Keine Woche nach dem Gewinn des DFB-Pokals der A-Junioren in Berlin sitzen drei Nachwuchs-Fußballer von Hannover 96 mit gesenktem Kopf im Amtsgericht Stadthagen in Niedersachsen. Um maskiert und bewaffnet eine Spielhalle zu überfallen, sollen die 19-Jährigen am 2. Februar Autokennzeichen gestohlen und an ihrem Wagen befestigt haben. Auf dem Parkplatz vor der Spielothek in Lauenau an der A2 verließ das Trio jedoch der Mut, vielleicht kam auch die Einsicht. Jedenfalls fuhren die drei mit dem Wagen, der einem Vater gehörte, zurück nach Hannover.

Dort fiel das im absoluten Halteverbot parkende Auto mit zwei unterschiedlichen Nummernschildern auf. Im Wagen lagen unter anderem eine Schreckschusspistole, Munition für andere Waffen sowie Sturmhauben. Die drei Spieler legten bei der Polizei ein umfangreiches Geständnis ab und packen auch am Donnerstag im Prozess vor Jugendrichter Kai Oliver Stumpe aus.  "Dümmer ging's nicht. Ich bereue das ganz krass", sagt einer der Angeklagten."Es ist mir sehr peinlich. Es wird nie wieder vorkommen", beteuert sein Mannschaftskamerad.

Geldstrafen und Arbeitsstunden

Die Geständnisse wertet der Richter als strafmildernd. Der Spieler, der die Idee zu dem Überfall hatte, wird wegen Diebstahls, Urkundenfälschung und illegalen Waffenbesitzes zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit und einer Geldstrafe von 500 Euro verurteilt. Er hatte die Pistole aus dem Waffenschrank seines Vaters geholt und den Wagen gefahren. Seine beiden Kumpel erhielten jeweils 40 Sozialstunden und 300 Euro Geldstrafe. Nach eigenen Angaben verdienen die Fußballer beim Bundesligisten 900 bis 1000 Euro netto pro Monat.

Psychisch extrem angegriffen wirkt der blonde Initiator des Ausflugs in die Gangsterwelt. Immer wieder reibt er sich die Augen oder versteckt sein Gesicht in seinen verschränkten Armen. In einer abgelesenen Erklärung entschuldigt sich der junge Mann, der noch bei den Eltern nahe Lauenau lebt, bei seiner Familie und seinem Verein.

Auf Nachfrage des Richters erzählt er, wie er in Zockerkreise abgerutscht ist. "Ich bin normalerweise ein kleiner Dorfjunge", sagt er. In Hannover sei er in andere Kreise geraten, habe erst ein bisschen hier und da gespielt, doch dann habe es ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr normal war. Inzwischen sei er in Therapie. "Ich werde in Zukunft neben meinem Sport etwas Vernünftiges tun", kündigt der 19-Jährige an.

Aus Geldnot

Seine beiden Komplizen leben allein in Hannover, die Familien in Berlin und im Rheinland. Der eine hat Schulden, weil er seine Stromrechnung nicht bezahlt hat. Außerdem sei die Miete hoch, denn sein früherer Mitbewohner sei bei 96 rausgeworfen worden, erzählt er. Der andere Spieler sagt, er habe zwar keine Schulden, aber das Geld sei knapp. Er koche nicht selber, deshalb gingen 30 Euro am Tag allein für Essen drauf.

In seiner Urteilsbegründung erwähnt der Richter, dass er einen interessanten Einblick in "die Vorstufen des Profifußballgeschäfts" gewonnen habe. Die Charakterbildung, die mit der sportlichen Ausbildung einhergehen sollte, bleibe auf der Strecke, sagt Stumpe. "Wenn ihr die Bodenhaftung nicht behaltet, könnte der Traum schnell ausgeträumt sein", warnt er die drei jungen Männer.

Hannover 96 hatte das Trio nach der Tat zunächst suspendiert und ab März wieder ins Training integriert. "Zum Schluss haben sie auch gespielt, was in dem Pokalsieg gegipfelt ist", sagt Vereinssprecher Christian Bönig nach der Verhandlung. "Es ist kein Kavaliersdelikt, aber es ist auch nicht die ganz große strafrechtliche Geschichte." Die Spieler mussten auf Anordnung des Vereins bereits Sozialstunden ableisten. Die Begleitung der jungen Spieler will Hannover 96 Bönig zufolge künftig intensivieren: "Das neue Jugendleistungszentrum wird mit Pädagogen und anderen Fachkräften ausgestattet."

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